Urteil – Rentnerin ohne Computer soll Filesharing-Abmahnkosten tragen

Urteil zum möglichen Filesharing über Anschluss einer Rentnerin

Einer Rentnerin wurde vorgeworfen, über ihren Internetanschluss Filesharing betrieben zu haben. Angeblich hat sie im Januar 2010 über ein Filesharing-System einen raubkopierten Hooligan-Film hochgeladen und ihn dadurch anderen Usern zum Download zur Verfügung gestellt. Sie erhielt von einem Rechtsanwalt im Namen des Rechteinhabers eine Abmahnung. Weil sie weitere Kosten vermeiden wollte, gab sie daraufhin eine Unterlassungserklärung ab, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Der Rechtsanwalt forderte aber eine Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 651,80 € und Schadensersatz in Höhe von 68,20 €.

Vor dem Amtsgericht München wurde verhandelt. Die pflegebedürftige Rentnerin hatte ihren Computer bereits ein halbes Jahr zuvor verkauft. Auch einen WLAN-Router besaß sie nicht. Sie hatte den Internetanschluss lediglich noch, weil dessen zweijährige Vertragslaufzeit bisher nicht verstrichen war und benutzte nur noch ein Telefon. Die Frau erklärte, die Datei nicht in das Internet geladen zu haben und auch, dass kein Dritter Zugriff auf ihren Internetanschluss gehabt hatte.

Das Gericht stellte fest, dass die Rentnerin nicht eindeutig als Täterin zu identifizieren sei. Deshalb hielt es den Schadensersatzanspruch für nicht begründet. Die Abmahnkosten soll sie dennoch bezahlen. Es sei davon auszugehen, dass der Film über den Internetanschluss der Rentnerin hochgeladen worden sei, meinte das Gericht. Sollte es bei der Ermittlung oder Rückverfolgung der IP-Adresse zu einem Fehler gekommen sein, müsste sie dies nachweisen. Rechtsanwalt Solmecke von der Kölner Kanzlei Wilde Beuger Solmecke vertritt die Rentnerin und kündigte an, vor dem Landgericht München in Berufung zu gehen.

Amtsgericht München, Aktz. 142 C 2564/11, vom 23.11.2011

Update vom 30.08.2013

Nachdem die Klage durch mehrere Instanzen ging, zog der Kläger die Berufung vor dem Bundesgerichtshof zurück. Die Frau muss die Abmahngebühren nicht bezahlen.
Das Landgericht München I hatte zuvor mit dem Urteil vom 25.03.2013 (Aktz. 21 S 28809/11) entschieden, dass die Beweislast bei dem abmahnenden Rechteinhaber liege. Damals erklärte das Gericht in Bezug auf das vorangegangene Urteil: „Eine derart überspannte Betrachtungsweise würde die Störerhaftung in die Nähe einer Gefährdungshaftung rücken, durch die ein Betreiber eines Internetanschlusses bereits deswegen für Verletzungen haftet, weil er eine von einem Internetzugang ausgehende Gefahr eröffnet hat. Entsprechende Gefährdungshaftungstatbestände hat der Gesetzgeber jedoch nicht vorgesehen.“

Update 11.05.2016

Endlich Freifunk – Störerhaftung für offene WLAN vom Tisch

Weitere Informationen

Gerichtsurteile Internet

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Die aktuellsten telespiegel Nachrichten
Achtung, Betrug – so können KI-Fake-Anrufe enttarnt werden

Achtung, Betrug

So können KI-Fake-Anrufe enttarnt werden

Betrügerische Anrufe und Nachrichten sind aufgrund des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz immer schwieriger zu erkennen. Um sich dennoch vor den betrügerischen Absichten zu schützen, hilft eine Frage, die bei einem vermeintlichen Hilfeanruf gestellt werden kann. […]

Unzulässige Internet-Sportwetten – Spieler können Einsatz zurückfordern

Unzulässige Internet-Sportwetten

Spieler können Einsatz zurückfordern

Spieler können ihre im Internet verlorenen Wetteinsätze von ausländischen Anbietern zurückfordern. Nämlich dann, wenn der Anbieter der Online-Sportwetten zu diesem Zeitpunkt keine gültige Lizenz für Deutschland hatte. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden. […]

Glasfaseranschlüsse – BNetzA veröffentlicht Leerrohrentgelte-Entwurf

Glasfaseranschlüsse

BNetzA veröffentlicht Leerrohrentgelte-Entwurf

Die Telekom muss Wettbewerbern den Zugang zu sogenannten Leerrohren ermöglichen, um zusätzliche Bauarbeiten zu vermeiden. Wie viel das Unternehmen für die Nutzung durch die Konkurrenz erhält, steht bislang noch nicht fest. Jetzt hat die zuständige Behörde einen Kompromiss vorgeschlagen. […]

Adaptive Timeout-Funktion – längere Akkulaufzeit bei Android 15

Adaptive Timeout-Funktion

Längere Akkulaufzeit bei Android 15

Ein neues Feature, das mit Android 15 kommen soll, könnte die Akkulaufzeit von Android-Geräten erheblich verlängern. Entdeckt wurden Hinweise auf „adaptive Timeout“ auf der zweiten Developer Preview. Das neue Betriebssystem soll bereits in einigen Monaten erscheinen. […]