116117 – KVN startet Telemedizin-Offensive in Niedersachsen

116117 - KVN startet Telemedizin-Offensive in Niedersachsen
Bildquelle Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)

Mit der Reform KVN.akut nimmt die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) eine tiefgreifende Neuausrichtung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes unter der Servicenummer 116117 vor. Ab Sommer 2025 wird Telemedizin zur tragenden Säule der medizinischen Versorgung außerhalb der regulären Praxiszeiten – mit dem Ziel, acht Millionen Menschen schneller, effizienter und flexibler zu versorgen.

Warum die Reform nötig wurde

Die medizinische Versorgung außerhalb von Praxisöffnungszeiten stand zunehmend unter Druck: Der spürbare Mangel an Ärztinnen und Ärzten, die organisatorische Belastung für Praxen und eine unübersichtliche Versorgungsstruktur machten ein Umdenken notwendig. Bisher konnten Patienten den ärztlichen Notdienst anrufen. Einer der diensthabenden Ärzte besuchte sie dann zu Hause.

„Wir reagieren auf diese Herausforderungen mit einer technologiegestützten Lösung, die sowohl Patientinnen und Patienten als auch die Ärzteschaft entlastet“, erklärt Thorsten Schmidt, stellvertretender KVN-Vorstandsvorsitzender. Der neue Bereitschaftsdienst soll helfen, Ressourcen gezielter einzusetzen und gleichzeitig unnötige Hausbesuche zu vermeiden.

So funktioniert der neue Bereitschaftsdienst in Niedersachsen

  1. Der erste Kontakt: 116117 bleibt zentrale Anlaufstelle
    Nach wie vor gilt: Wer außerhalb der Sprechzeiten medizinische Hilfe braucht, wählt die seit 2010 aktive Nummer 116117. Dort erfolgt eine strukturierte medizinische Ersteinschätzung (SmED) – durchgeführt von medizinisch geschultem Personal.
  2. Der digitale Arztbesuch wird Standard
    Zeigt die Ersteinschätzung eine dringende Behandlungsnotwendigkeit, aber keinen Praxisbesuch, wird innerhalb von 30 Minuten ein Kontakt mit einem Telemediziner oder einer Telemedizinerin hergestellt – telefonisch oder per Video.
    Diese Telekonsultation kann auch ein elektronisches Rezept oder eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beinhalten. Die Beratung erfolgt ausschließlich durch in Niedersachsen tätige Ärztinnen und Ärzte.
  3. Hausbesuche – nur noch auf ärztliche Anordnung
    Nur wenn der Telemediziner einen Hausbesuch für medizinisch erforderlich hält, wird ein Team des neuen medizinischen Fahrdienstes eingesetzt. Die Johanniter-Unfall-Hilfe stellt dafür sowohl ärztliches als auch nichtärztliches Fachpersonal bereit.

Neue Struktur: Acht Sektoren, 15 Standorte

Niedersachsen wird für den Bereitschaftsdienst in acht Versorgungssektoren aufgeteilt, orientiert an der Krankenhausplanung. Von 15 regionalen Standorten aus starten die Fahrdienste. Die Steuerung übernimmt zentral die Dispositionszentrale der 116117 – wie gehabt.

Zahlen & Fakten: Erste Erfahrungen mit dem neuen Modell

  • Anrufe pro Woche: rund 15.000 bei der 116117
  • Vor der Reform: ca. 3.400 Hausbesuche pro Woche
  • Nach der Reform: nur noch ca. 950 Hausbesuche pro Woche – dank Telemedizin
  • Ärzteteam: 12 Ärztinnen und Ärzte pro Schicht
  • Fachkräfte: 20–24 Gesundheitsfachkräfte im Fahrdienst
  • Bereitschaftszeiten Fahrdienst:
    Mo., Di., Do.: 19–7 Uhr
    Mi., Fr.: 15–7 Uhr
    Wochenende, Feiertage: 8–7 Uhr

Positive Bilanz: Hohe Zufriedenheit bei Ärzten und Patienten

Laut KVN verlief der Start der Reform reibungslos. Drei von vier Anrufen konnten bereits vollständig durch die Teleärztinnen und -ärzte abgewickelt werden – ohne dass ein Hausbesuch nötig war. Beschwerden von Patientinnen und Patienten seien bislang ausgeblieben. Die neue Struktur wird auch von den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten begrüßt, da sie sie erheblich entlaste.

116117 oder 112 – wann rufe ich welche Nummer?

  • 116117: Bei Beschwerden, die normalerweise in einer Praxis behandelt würden – außerhalb der Öffnungszeiten.
  • 112: In akuten, lebensbedrohlichen Notfällen (z. B. Schlaganfall, Herzinfarkt, starke Atemnot).

Fazit: Niedersachsen als Vorreiter

Mit KVN.akut setzt Niedersachsen ein bundesweit einmaliges Modell um, das die digitale und persönliche Versorgung neu verknüpft. Die Umstellung auf Telemedizin als erste Versorgungsebene verspricht eine spürbare Entlastung des Gesundheitssystems – ohne die Versorgungssicherheit der Bevölkerung zu gefährden.
Ein Modell, das Schule machen könnte.

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