
Facebook fordert von seinen Kunden, sich in dem sozialen Netzwerk unter echtem Namen anzumelden – daran halten sich jedoch nicht alle Nutzer. Nun wurden zwei Fälle vor dem Oberlandgericht München verhandelt, in denen es um die sogenannte Klarnamenpflicht ging. Das Gericht stellte sich auf die Seite des Unternehmens und entschied, dass Facebook die Verwendung von Pseudonymen verbieten darf. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Wie kam es zu dem Rechtstreit vor dem OLG München?
Das soziale Netzwerk sperrte die Accounts von zwei Personen aus Bayern, die sich mit einem ausgedachten Namen in Facebook angemeldet hatten. Gegen dieses Vorgehen des Unternehmens klagten die Nutzer daraufhin vor Gericht. Einer der Fälle wurde in erster Instanz vor dem Landgericht Traunstein, der andere vor dem Landgericht Ingolstadt verhandelt. Die Gerichte kamen zu unterschiedlichen Urteilen: während das Landgericht Ingolstadt dem Nutzer recht gab, sich auch mit einem Fantasienamen anmelden zu dürfen, fiel das Urteil in Traunstein anders aus. Bei dem Fall in Traunstein ging es zusätzlich um Hasspostings, welche von dem Konto mit Fantasienamen gepostet wurden. Beide Fälle landeten in zweiter Instanz vor dem Oberlandgericht in München.
Wie begründet das OLG München seine Entscheidung?
Wie bereits erwähnt, stellte sich das Gericht auf die Seite von Facebook. Begründet wurde dies damit, dass die Klarnamenpflicht gegen „sozialschädliches Verhalten“ im Netz helfe. Einer der Nutzer verwendete sein Profil mit ausgedachtem Namen dazu, rassistische Hasspostings zu veröffentlichen. Hierbei soll es unter anderem um einen tanzenden Adolf Hitler sowie schwarze Kannibale gegangen sein. Das OLG führte an, dass das soziale Netzwerk ein berechtigtes Interesse daran habe, durch eine Klarnamenpflicht bereits vorsorglich auf die Nutzer einzuwirken. Dieses Interesse wiederum begründe sich aus dem mittlerweile weit verbreiteten sozialschädlichen Verhalten im Netz.
Facebook fordert Angabe von richtigem Namen
In seinen Nutzungsbedingungen fordert das soziale Netzwerk die Nutzer dazu auf, sich mit ihrem echten Namen anzumelden und aufzutreten. Diese Bedingung hat unter anderem das Ziel, Nutzer von einem rechtswidrigen Verhalten im Internet abzuhalten. Denn bei möglichen Straftaten ist es für Behörden einfacher, Personen zu ermitteln, wenn Klarnamen verwendet werden. Auch Bundespräsident Schäuble fordert diese Pflicht, „um Regeln und Transparenz auch in der digitalen Welt durchzusetzen“. Obwohl die Klarnamenpflicht demnach in den Nutzungsbedingungen von Facebook verankert ist, halten sich zahlreiche User nicht daran. Bereits seit vielen Jahren ermahnt das Unternehmen seine User zur Verwendung von Klarnamen.
Begünstigt die Anonymität im Netz Hasskommentare?
Laut Urteil des Oberlandgerichts München liegt die Hemmschwelle nach allgemeiner Lebenserfahrung deutlich niedriger, wenn ein Pseudonym verwendet wird. Viele User verstecken sich hinter Fantasienamen und nutzen die Anonymität des Internets. So ergab eine Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2019, die von der Generali Deutschland AG und deren Rechtschutzversicherer Advocard in Auftrag geben wurde, beispielsweise, dass jeder Fünfte davon überzeugt ist, dass persönliche Beleidigungen im Internet erlaubt sind. Dies ist erschreckend – zeigt allerdings auch, dass zahlreiche User davon ausgehen, dass es sich im Internet um einen rechtsfreien Raum handelt. „Die zum Teil gravierenden Fehleinschätzungen der Verbraucher zu Rechtslage im Internet sind alarmierend. Hier ist dringen Aufklärung nötig“, äußerte Vorstandssprecher von Advocard Peter Stahl. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer befürwortet die Klarnamenpflicht. „Ich möchte wissen, wer hinter solchen Kommentaren steckt“.
Kann die Klarnamenpflicht Hasskommentare wirklich verhindern?
Sowohl Experten als auch Netzaktivisten zweifeln hingegen an dem Nutzen der Klarnamenpflicht und sehen sie vielmehr als eine Bedrohung für Meinungsfreiheit und Datenschutz. Dass Hasskommentare durch eine Klarnamenpflicht nicht zwingend verhindert werden können, zeigt Südkorea. Dort wurde die Regelung für Klarnamen nach wenigen Jahren wieder zurückgenommen. Die Regelung hatte nur gering dazu beigetragen, missbräuchliche Kommentare zu vermeiden. Aus verschiedenen Untersuchungen geht zudem hervor, dass auch Personen, die ihren echten Namen für ihr Profil angeben, Hasskommentare genauso aggressiv anheizen wie anonyme Accounts. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht ist der Überzeugung, dass es viel wichtiger sei, zu ermitteln wer im Netz unterwegs ist. Hierbei würden Klarnamen nur bedingt weiterhelfen, da man sich trotzdem unter einem falschen Namen anmelden könne. Darüber hinaus könne es mehrere Personen mit demselben Namen geben. Auch andere Politiker halten wenig von der Pflicht des Klarnamens. Stattdessen wird die Identifizierungspflicht gefordert. Die Identifizierungspflicht hätte zur Folge, dass User zwar Fantasienamen verwenden dürfen, hierbei allerdings ihre echten Daten hinterlegen müssen. Durch dieses Vorgehen soll sichergestellt werden, dass Personen auch dann für Straftaten belangt werden können, wenn sie im Internet mit Pseudonymen unterwegs sind.
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