Urteil – Datenautomatik benachteiligt Kunden

Urteil Datenautomatik

Den Verbraucherzentralen ist die Datenautomatik der Mobilfunkanbieter seit längerem ein Dorn im Auge. Nachdem bereits einzelne Landesverbände Teilerfolge erzielen konnten, hat nun der Verbraucherzentrale Bundesverband gegen Telefonica am 11.02.206 ein Urteil (AZ 12 O 13022/15) errungen. Die Richter am Landgericht München teilten die Auffassung des Klägers, dass die Datenautomatik die Kunden benachteilige. Telefonica will für ihre Marke O2 jedoch in Berufung gehen, da der Konzern keine intransparenten Bestimmungen erkennen mag.

Darum geht es: Datenautomatik ohne explizite Zustimmung

Seit einiger Zeit versuchen Mobilfunkunternehmen, den Kunden automatisch nachgebuchte Datenpakete unterzujubeln. Hat ein Nutzer sein Datenvolumen ausgeschöpft, folgt ein Hinweis auf das Nachbuchen eines Zusatzpaketes. Diesem muss der Nutzer jedoch nicht mehr zustimmen, das Geld für diese Zusatzleistung wird automatisch in Rechnung gestellt bzw. abgebucht. Diese Art der Datenautomatik ist unter anderem bei E-Plus und Base, O2 sowie Vodafone in jeweils leicht abgewandelter Form in neuen Verträgen enthalten. Im ersten Moment erscheint es dem Nutzer so, als ob er durch diesen Vertragsbestandteil um die Drosselung seiner Geschwindigkeit herumkommt. Allerdings bedeutet das automatische Nachbuchen Zusatzkosten, die speziell für einkommensschwache Kunden und Jugendliche schnell zu einer regelrechten Kostenfalle werden können. Hinzu kommt, dass speziell O2 seine Kunden bei wiederholtem Nachbuchen per Datenautomatik einem teureren Tarif zugewiesen hat.

Urteil: Kunde kauft Ursprungstarif und muss Zusatzleistungen autorisieren

Die Richter betonten in Ihrem Urteil, dass der Kunde einen bestimmten Tarif kauft. Selbst für aufmerksame Kunden sei nicht zwingend ersichtlich, was es mit der Datenautomatik auf sich habe. Zusatzleistungen muss der Kunde nach Auffassung der Richter jedes Mal gesondert zustimmen. Daher sei eine – derzeit übliche – Information per SMS nicht ausreichend. O2 darf entsprechend keine kostenpflichtigen Datenpakete mehr automatisch und ohne Zustimmung zum Tarif hinzubuchen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Telefonica hat bereits angekündigt, dass der Konzern für seine Praxis bei O2 in Berufung gehen wird. Denn nach Auffassung der Verantwortlichen sei die Datenautomatik expliziter Bestandteil des Mobilfunktarifs und -vertrags, sodass die daraus resultierende Tariferweiterung rechtmäßig ist.

Einschätzung: Datenautomatik ist nicht im Interesse der Kunden

Die Sichtweise des Landgerichts erscheint ist vor dem Hintergrund folgerichtig, dass die Datenautomatik nicht regelmäßig in Kraft tritt. Vielmehr muss der Kunde sein Datenvolumen aufbrauchen. Geschieht dies nur selten oder unregelmäßig, ist die Datenautomatik eben keine regelmäßige Leistung und müsste entsprechend beauftragt werden. Durch die Aufnahme eines automatischen Updates des Datenvolumens in den Vertrag wird dem Kunden die Freiheit genommen, selbst über Zusatzleistungen zu entscheiden. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Leistung nur sehr kompliziert abzustellen ist. Die Berufungsverhandlung wird daher auch darüber entscheiden, welche Kosten in einem Tarif regelmäßig anfallen, wie der Kunde diese kontrollieren kann und wie diese zu letztlich nach außen rechtssicher zu kennzeichnen sind. Der automatische Tarifwechsel in einen teureren Vertrag nach mehrmaliger Datenautomatik ist inzwischen von O2 selbst wieder eingestellt worden.

Update 01.03.2016

Telefonica teilte unserer Redaktion mit, dass bereits Berufung gegen das o.g. Urteil eingelegt wurde. Dieses mit dem Hintergrund, dass aus der Sicht von Telefónica Deutschland die Daten-Automatik einen Bestandteil der Hauptleistung des gewählten Tarifs darstellt und keine davon unabhängige Zusatzleistung ist, wie vom Gericht gedeutet.
Darüber hinaus vertritt das Unternehmen die Ansicht, dass für die Kunden der Mechanismus zur Datenautomatik transparent ist. Die Nutzer werden auf unterschiedlichen Kanälen darüber informiert, dass die Datenautomatik ein Bestandteil des gewählten Tarifs ist. Informiert wird z.B. im Mobilfunkvertrag, in Produkt-Flyern zu Tarifen oder online. Sofern der Kunde die Datenvolumen-Erweiterung später nicht wünscht, kann der diese auf Wunsch auch deaktivieren. Dies ist möglich über den Anruf beim Kundenservice, im Shop, über Live-Chat oder schriftlich.

Mehr Informationen

Gerichtsurteile – Akte Mobilfunk

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Die aktuellsten telespiegel Nachrichten
Digitale Steuerbescheide ab 2026 – Papier nur auf Wunsch

Digitale Steuerbescheide ab 2026

Papier nur auf Wunsch

Ab 2026 werden Steuerbescheide in Deutschland in der Regel nur noch digital bereitgestellt. Papier gibt es nur auf Wunsch. Was bedeutet das für Bürgerinnen, Bürger und Kanzleien? Hier erfährst du verständlich, was sich ändert – und wie du dich vorbereitest. […]

Scheinbarer App-Zwang – congstar wegen Irreführung verurteilt

Scheinbarer App-Zwang 

 congstar wegen Irreführung verurteilt

Die Telekom-Tochter congstar behauptete, ihr Online-Kundencenter werde 2025 abgeschaltet – und drängte damit Kunden zum App-Download. Doch das stimmte gar nicht. Ein Gerichtsurteil deckt nun auf, wie weit der vermeintliche App-Zwang wirklich ging. […]

Urteil – Sperrung von Social-Media-Kanälen eines Influencers

Urteil 

 Sperrung von Social-Media-Kanälen eines Influencers

Das Oberlandesgericht Bamberg hat in seinem Urteil entschieden, dass die Sperrung mehrerer Social-Media-Kanäle eines Influencers durch eine Plattformbetreiberin nicht ohne Weiteres zulässig ist. Insbesondere stellte das Gericht fest, dass die bloße Weiternutzung eines weiteren Kanals keine automatisierte Umgehung der Sperrmaßnahme darstellt. […]

United Internet & 1&1 - Marken, Produkte und Hintergründe zum Versatel-Verkauf

United Internet & 1&1

Marken, Produkte und Hintergründe zum Versatel-Verkauf

United Internet bündelt seine Telekommunikationsaktivitäten und verkauft die Netztochter 1&1 Versatel konzernintern an die 1&1 AG. Für Endkunden bleiben die bekannten Marken wie 1&1, IONOS, GMX oder WEB.DE bestehen. Der Artikel erklärt verständlich, welche Produkte die Unternehmen anbieten und was der mögliche Verkauf der Domain-Handelsplattform Sedo bedeutet. […]

Kritische Chrome-Lücke – Google veröffentlicht Notfall-Update

Kritische Chrome-Lücke

Google veröffentlicht Notfall-Update

Eine Chrome-Schwachstelle wurde aktiv von Cyberkriminellen ausgenutzt. Google hat mittlerweile ein Notfall-Update bereitgestellt, das dringend installiert werden sollte. Chrome-Nutzer müssen ihren Browser neu starten, um das Update zu aktivieren. […]