Einstweilige Verfügung gegen Wikipedia.de – Neue Aufmerksamkeit für den Fall des Hackers Tron

Wikipedia

Der Grundgedanke des Internet-Projekts Wikipedia ist, eine Enzyklopädie zu schaffen, an der jeder mitarbeiten kann und die jedermann kostenlos nutzen darf. Es gibt keine bezahlten Mitarbeiter, die Beiträge erstellen, statt dessen kann jeder angemeldete Besucher anderen sein Wissen zugänglich machen. Und jeder dieser Benutzer kann bestehende Beiträge korrigieren oder ergänzen. So ist seit dem Start der deutschsprachigen Ausgabe vor etwa fünf Jahren ein großes Werk entstanden, das zweitgrößte Wikipedia, denn die englischsprachige Ausgabe gibt es schon länger und sie ist umfangreicher. Zur Zeit haben die Betreiber von Wikipedia, die Stiftung Wikimedia Foundation Inc., jedoch rechtliche Probleme. Deshalb war das Werk über die deutsche Internet-Adresse wikipedia.de gestern nicht erreichbar.

Über den Hintergrund dieser Maßnahme lässt Wikimedia Deutschland e.V. auf der genannten Internet-Seite offiziell nicht viel verlauten. Lediglich ist dort zu lesen, dass am 17. Januar eine einstweilige Verfügung erwirkt wurde, die dem Betreiber untersagt, von wikipedia.de auf die deutschsprachige Eingangseite der Online-Enzyklopädie de.wikipedia.org weiterzuleiten. Nun hätten die Rechtsanwälte des Betreibers jedoch mit einem Widerspruch erwirkt, dass dieser Beschluss bis zu der entgültigen Entscheidung über dessen Rechtmäßigkeit ausgesetzt wurde. Diese Entscheidung würde Anfang Februar erwartet.

Seit gestern wurde jedoch über etwas spekuliert, dessen Annahme durch einen heute veröffentlichten Ausschnitt des Beschlusses unterstützt wird. Auf der Internetseite wikipedia.de ist nämlich auch zu lesen, Wikipedia sei es untersagt worden, von der Internetadresse wikipedia.de auf die Internetadresse de.wikipedia.org weiterzuleiten, solange unter der Internetadresse de.wikipedia.org ein Beitrag vorgehalten wird, der den bürgerlichen Nachnamen des Sohnes der Antragsteller nennt. Bei den Antragsstellern handelt es sich laut Angaben der Frankfurter Allgemeine Zeitung und vielen anderen Medien um die Eltern des verstorbenen Hackers Boris F..

Das Wort Hacker assoziiert zwar einen Computerfreak, der böswillig Schwachstellen in Systemen ausnutzt, um sich zu bereichern, tatsächlich handelt es sich bei diesen Menschen jedoch um Cracker. Hacker stellen sich eher die Aufgabe, den betroffenen Unternehmen die von ihnen entdeckten Schwachstellen bekannt zu geben, um einen besseren Schutz vor Missbrauch zu ermöglichen. Boris F. nutzte das Pseudonym Tron, abgeleitet aus dem Titel eines bekannten Disney-Films. Der damals 26-jährige wurde einige Tage nach seinem Verschwinden am 22. Oktober 1998 tot aufgefunden. Die offiziellen Untersuchungsergebnisse ergaben den Tod durch Suizid und der Fall wurde damit zu den Akten gelegt. Einige zweifeln dieses Ergebnis jedoch an und äußern Vermutungen über die Ermordung des jungen Mannes.

Ein Artikel über Boris F. ist auch in der deutschsprachigen Ausgabe von Wikipedia zu finden, die jedoch noch immer auch über die Internet-Seite wikipedia.org erreichbar ist. Darin, wie auch in vielen anderen Quellen in dem Internet, wird der volle Name des Hackers genannt. Dieses versuchen dessen Eltern angeblich zu verhindern und erwirkten deshalb vermutlich eine einstweilige Verfügung gegen die Online- Enzyklopädie. Dass seine Eltern es nicht gerne sehen, dass der Fall weiterhin in der Öffentlichkeit diskutiert wird, weil sie geschäftlichen Schaden befürchten und dennoch einige Menschen Boris F. gedenken, macht die Internet-Seite Tronland deutlich. Der Fall des Hackers Tron, der offiziell schon vor langer Zeit zu den Akten gelegt wurde, hat durch die neusten Ereignisse zumindest neue Aufmerksamkeit erhalten.

Update vom 09.02.06:

Die Richter entschieden, das die Internetseite den Nachnamen nicht aus dem genannten Artikel entfernen muss. (Amtsgericht Charlottenburg, Az: 218 C 1001/06) Der Anwalt der Eltern kündigte an, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen.

Update vom 15.05.2006:

Auch die Berufung wurde von dem Landgericht Berlin zurückgewiesen. Damit ist das Urteil rechtskräftig. Der bürgerliche Name darf weiterhin auf wikipedia.de genannt werden.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Die aktuellsten telespiegel Nachrichten
Cyberkriminalität – Razzien gegen Online-Gruppering „New World Order“

Cyberkriminalität

Razzien gegen Online-Gruppering „New World Order“

In sechs Bundesländern wurden insgesamt zehn potenzielle Straftäter bei Razzien des Bundeskriminalamts festgenommen. Ihnen wird unter anderem systematisches Cybermobbing vorgeworfen. Die Festnahmen zeigen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist und Straftaten auch dort verfolgt werden. […]

Fake-Immobilien – so nutzen Kriminelle die große Wohnungsnot aus

Fake-Immobilien

So nutzen Kriminelle die große Wohnungsnot aus

Viele Menschen sind auf der dringenden Suche nach einer Mietwohnung. Diese Not wird von Kriminellen ausgenutzt. Mit verschiedenen Vorgehensweisen versuchen sie über betrügerische Immobilienanzeigen an das Geld oder die persönlichen Daten der Betroffenen zu gelangen. […]

Bundesweiter Warntag 2024 – am 12. September ist es wieder so weit

Bundesweiter Warntag 2024

Am 12. September ist es wieder so weit

Am 12. September ist wieder Warntag in Deutschland. Um 11 Uhr werden die verschiedenen Warnsysteme, die in den Kommunen zur Verfügung stehen, getestet. Hierdurch sollen Schwachstellen aufgedeckt und die Bevölkerung auf einen Ernstfall vorbereitet werden. […]

Hammer Tarif-Aktion bei Vodafone – 90 GB Datenvolumen geschenkt

Hammer Tarif-Aktion bei Vodafone

90 GB Datenvolumen geschenkt

Wer das Vodafone 5G-Netz für 12 Wochen nutzen und darüber hinaus 90 GB Datenvolumen völlig kostenfrei erhalten will, kann jetzt zuschlagen. Das Hammer-Angebot ist noch bis Anfang Oktober gültig und ausschließlich für Online-Neukunden erhältlich. […]

Urteil zur 5G-Frequenzvergabe – Entscheidung der BNetzA war rechtswidrig

Urteil zur 5G-Frequenzvergabe

Entscheidung der BNetzA war rechtswidrig

Mit dem aktuellen Urteil des Verwaltungsgerichtes Köln steht offiziell fest, dass die 5G-Frequenzvergabe vor fünf Jahren rechtswidrig war. Denn die damalige Entscheidung der Bundesnetzagentur sei massiv politisch beeinflusst worden. Aufgrund dessen wurde die BNetzA durch das Gericht zur Neubescheidung verpflichtet. […]

National-Roaming – Partnerschaft zwischen 1&1 und Vodafone startet

National-Roaming

Partnerschaft zwischen 1&1 und Vodafone startet

Ab Donnerstag nutzen 1&1-Neukunden das Vodafone-Netz mit. Auch die Bestandskunden des vierten deutschen Netzbetreibers sollen nach und nach von dem National-Roaming profitieren. Hierdurch soll den Kunden eine flächendeckende Versorgung mit 5G-Netz ermöglicht werden. […]