Widerrufsrecht – Online-Shop muss Kunden unmissverständlich belehren

Widerrufsrecht – Online-Shop muss Kunden unmissverständlich belehren

Online-Shops müssen ihre Kunden eindeutig und unmissverständlich darüber belehren, ob für sie ein Widerrufsrecht besteht und über dieses aufklären. Das hat das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden (Aktenzeichen: 6 U 12/24). Der Käufer eines Neuwagens hatte gegen einen Autoverkäufer geklagt. Es ist nicht das erste Urteil in dieser Angelegenheit.

Wie kam es zu dem Streit vor Gericht?

Im Mai 2022 kaufte der Kläger über den Online-Shop des Autoverkäufers einen Neuwagen im Wert von mehr als 65 000 Euro. Der Kauf wurde ausschließlich unter Verwendung des Online-Shops abgewickelt, weshalb es sich im vorliegenden Fall um einen Vertrag unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln handelt. Im November 2022 wurde das Fahrzeug an den Kläger ausgeliefert. Da der Käufer des Pkw davon überzeugt war, dass die vom Autoverkäufer verwendete Widerrufsbelehrung nicht gesetzeskonform sei, widerrief er den Autokauf nach rund einem Jahr im September 2023. Den Widerruf seiner Vertragserklärung erklärte er per Einschreiben und E-Mail und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Vom Autoverkäufer wurde der Widerruf zurückgewiesen. Daraufhin zog der Käufer zunächst vor Gericht, da er die Widerrufsbelehrung aufgrund einer fehlenden Telefonnummer des Verkäufers für rechtswidrig hielt. Nachdem in erster Instanz das Landgericht über den Sachverhalt verhandelt hatte, wurde diese Klage letztendlich vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Der BGH machte damit deutlich, dass eine Widerrufsbelehrung auch ohne die Angabe einer Telefonnummer rechtmäßig ist. Dennoch landete der Streit um die Rückzahlung des Kaufpreises für den Neuwagen im Wert von mehr als 65 000 Euro jetzt vor dem Oberlandesgericht Stuttgart.

„Zwar hat das Landgericht richtig entschieden, dass die Beklagte ihre Telefonnummer in der Belehrung nicht angeben musste (…). Jedoch entspricht die erteilte Widerrufsbelehrung nicht dem Gesetz, da sie den Verbraucher nicht darüber in Kenntnis setzt, ob im Einzelfall ein Widerrufsrecht besteht“, heißt es hierzu im Urteil des OLG Stuttgart.

Wie hat das OLG entschieden?

Das Gericht in Stuttgart gab dem Käufer des Pkws – also dem Kläger – recht. Damit stellte es klar, dass der Kläger auch noch nach Ablauf der in der Widerrufsbelehrung angegebenen vierzehn Tage von dem Vertrag zurücktreten kann. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass die Widerrufsbelehrung des Autoverkäufers nicht gesetzeskonform ist. Die Formulierung im Online-Shop des Verkäufers ist nicht ausreichend. In der Widerrufsbelehrung heißt es:

„Wenn Sie ein Verbraucher sind und diesen Vertrag ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (wie z.B. über das Internet, per Telefon, E-Mail o. Ä.) geschlossen haben, haben Sie das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angaben von Gründen diesen Vertrag nach den nachstehenden Regelungen zu widerrufen.“

Wie hat das Gericht seine Entscheidung begründet?

Dass die Widerrufsbelehrung des Autoverkäufers nicht ausreichend ist, machte das Gericht daran fest, dass die Formulierung dem Kunden selbst überlasse zu prüfen, ob er überhaupt ein Widerrufsrecht habe. Die abstrakte Belehrung „Wenn Sie ein Verbraucher sind“ sei für den Kunden weder klar noch unmissverständlich. Die Pflicht zu einer klaren und deutlichen Mitteilung über das Widerrufsrecht leitet sich jedoch aus Art. 246a §1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 EGBGB ab. Im Urteil des Oberlandesgericht Stuttgart heißt es daher:

„(…) die Pflicht des Unternehmers, das Bestehen oder Nichtbestehen des Widerrufsrechts aus einem Fernabsatz geschlossenen Verbrauchsgüterkauf eigenverantwortlich zu prüfen und den Verbraucher eindeutig darüber zu informieren.“
Und weiter:
„Diese Information ist dann nicht erteilt, wenn der Unternehmer den Verbraucher lediglich über die Voraussetzungen des Widerrufsrechts belehrt, ohne ihm konkret mitzuteilen, ob er zum Widerruf berechtigt ist.“

Online-Shops dürfen daher keine abstrakten Formulierungen verwenden, sondern müssen den Kunden unmissverständlich über sein Recht zum Widerruf informieren und aufklären. Wer eine Homepage erstellen lässt oder einen Online-Shop betreibt, sollte dies daher unbedingt berücksichtigen. Ansonsten gilt gemäß §356 Abs.3 Satz 2 BGB, dass das Recht auf Widerruf bei einem Verbrauchsgüterkauf erst 12 Monate und 14 Tage nachdem der Verbraucher die Ware erhalten hat, erlischt. Da das Gericht in Stuttgart die Widerrufsbelehrung des Autoverkäufers als abstrakt einstufte, gab es dem Kläger recht.

„Danach ist die Belehrung der Beklagten nicht gesetzeskonform, weil dem Kläger nicht mitgeteilt wird, dass er zum Widerruf berechtigt ist, sondern die Beurteilung der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen des Bestehens eines Widerrufsrechts ihm überlassen bleibt“, so das Oberlandesgericht.

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