Urteil des BGH – Keine Zahlungsverpflichtung bei heimlicher Dialereinwahl

Urteil des BGH - keine Zahlungsverpflichtung bei heimlicher Dialereinwahl

Ein einziger Klick und schon installiert sich heimlich ein Programm, das Internet-Verbindungen über teure Service-Rufnummern herstellt. Das ist ein Alptraum für jeden Internetnutzer und führt in der Regel zu hohen Kosten, die oft erst bei Erhalt der Telefonrechnung bemerkt werden. Die Gebühren für Verbindungen über einen solchen Dialer muss der Nutzer jedoch nicht zwingend zahlen. Im Jahr 2000 entstanden an dem ISDN-Anschluss einer Berliner Mutter innerhalb von vier Monaten Telefonkosten von über 17.500,- DM (etwa 8.750,- €). Es stellte sich heraus, dass ihr Sohn ein Programm aus dem Internet geladen hatte, das eine kostenlose Beschleunigung der Datenübertragung versprach.
Tatsächlich verbarg sich darin ein Dialer, der die DFÜ-Einstellungen des Computers veränderte. Sämtliche Verbindungen über den Internetanschluss wurden nun über eine Mehrwertdienste-Nummer hergestellt. Die Manipulation konnte bei standardmäßiger Nutzung des Computers nicht bemerkt werden. Doch auch das Entfernen der Software verschaffte keine Abhilfe. Die Veränderungen bestanden weiterhin, obwohl das Programm gelöscht war.

Der Berliner Netzbetreiber BerliKom und die Berliner Kundin trafen sich nun zum dritten Mal vor Gericht. Nachdem die Frau in erster Instanz von dem Landgericht Berlin verurteilt wurde, die angefallenen Gebühren zu bezahlen, entschied das Kammergericht Berlin in zweiter Instanz, sie habe lediglich die Gebühren für eine Standardverbindung zu zahlen. Der Netzbetreiber ging in Revision und nun befasste sich das höchste deutsche Gericht zum ersten Mal mit Dialern.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschied in einem heute bekannt gegebenen Urteil, dass die BerliKom keinen Anspruch auf Zahlung der durch den Dialer verursachten Kosten hat.
Kunden müssen dem Telefonanbieter die Dialer-Kosten nicht zahlen, wenn ihnen kein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten vorzuwerfen ist. (Deshalb seien sie auch nicht verpflichtet, Dialer-Schutzprogramme zu installieren.) Die Kundin und ihr Sohn haben nicht gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen.
Des weiteren verdienen Telefonnetzbetreiber, die für Firmen Dialer-Gebühren einziehen, ebenfalls an diesen Service-Nummern und haben somit ein eigenes wirtschaftliches Interesse, erklärte der BGH. Deshalb sei es angemessen, dass sie in solchen Fällen das Missbrauchsrisiko und die dabei entstehenden Mehrkosten tragen (AZ: III ZR 96/03).

Weitere Gerichtsurteile

Urteile – Handy
Urteile – Festnetz
Urteile – Internet

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Die aktuellsten telespiegel Nachrichten
Digitale Steuerbescheide ab 2026 – Papier nur auf Wunsch

Digitale Steuerbescheide ab 2026

Papier nur auf Wunsch

Ab 2026 werden Steuerbescheide in Deutschland in der Regel nur noch digital bereitgestellt. Papier gibt es nur auf Wunsch. Was bedeutet das für Bürgerinnen, Bürger und Kanzleien? Hier erfährst du verständlich, was sich ändert – und wie du dich vorbereitest. […]

Scheinbarer App-Zwang – congstar wegen Irreführung verurteilt

Scheinbarer App-Zwang 

 congstar wegen Irreführung verurteilt

Die Telekom-Tochter congstar behauptete, ihr Online-Kundencenter werde 2025 abgeschaltet – und drängte damit Kunden zum App-Download. Doch das stimmte gar nicht. Ein Gerichtsurteil deckt nun auf, wie weit der vermeintliche App-Zwang wirklich ging. […]

Urteil – Sperrung von Social-Media-Kanälen eines Influencers

Urteil 

 Sperrung von Social-Media-Kanälen eines Influencers

Das Oberlandesgericht Bamberg hat in seinem Urteil entschieden, dass die Sperrung mehrerer Social-Media-Kanäle eines Influencers durch eine Plattformbetreiberin nicht ohne Weiteres zulässig ist. Insbesondere stellte das Gericht fest, dass die bloße Weiternutzung eines weiteren Kanals keine automatisierte Umgehung der Sperrmaßnahme darstellt. […]

United Internet & 1&1 - Marken, Produkte und Hintergründe zum Versatel-Verkauf

United Internet & 1&1

Marken, Produkte und Hintergründe zum Versatel-Verkauf

United Internet bündelt seine Telekommunikationsaktivitäten und verkauft die Netztochter 1&1 Versatel konzernintern an die 1&1 AG. Für Endkunden bleiben die bekannten Marken wie 1&1, IONOS, GMX oder WEB.DE bestehen. Der Artikel erklärt verständlich, welche Produkte die Unternehmen anbieten und was der mögliche Verkauf der Domain-Handelsplattform Sedo bedeutet. […]

Kritische Chrome-Lücke – Google veröffentlicht Notfall-Update

Kritische Chrome-Lücke

Google veröffentlicht Notfall-Update

Eine Chrome-Schwachstelle wurde aktiv von Cyberkriminellen ausgenutzt. Google hat mittlerweile ein Notfall-Update bereitgestellt, das dringend installiert werden sollte. Chrome-Nutzer müssen ihren Browser neu starten, um das Update zu aktivieren. […]