Vectoring, DSL-Kupferleitung beschleunigen

Vectoring

Vectoring ist ein neues Zauberwort für schnelle Internetleitungen. Die Telekom beabsichtigt, mit dieser Technik ihr Kupferkabelnetz kostengünstig aufzurüsten und so Geschwindigkeiten von bis zu 250 MBit/s zu ermöglichen.

Bisher setzten die Anbieter beim Breitbandausbau in Deutschland auf eine deutliche Ausweitung des Glasfasernetzes oder vergleichbarer Kabelleitungen. Diese sollen die Kupferkabel ersetzen und so einen leistungsstarken Anschluss zur Datenübertragung ermöglichen. Vorteil von Glasfaser: Bei der Übertragungstechnik werden – vereinfacht gesagt – Lichtsignalen genutzt, die gleichmäßig schnell bleiben.

Was ist Vectoring?

Bei Kupferkabel wird die Datenübertragung hingegen durch Elektronenfluss realisiert. Dadurch verlangsamt sich die Datengeschwindigkeit mit zunehmender Kabellänge. Gerade im ländlichen Raum sind so kaum schnelle Geschwindigkeiten realisierbar. Die Abstände vom Kabelverzweiger zum Hausanschluss sind einfach zu groß. Von einer theoretisch möglichen Bandbreite mit 50 MBit/s bleiben so häufig – wenn überhaupt – VDSL-Anschlüsse mit maximal 1 MBit/s als Datentransferrate. Per Vectoring kann diese Geschwindigkeit grundsätzlich im Downstream verdoppelt und im Upstream (theoretisch max. ca. 10 MBit/s) sogar vervierfacht werden.

Wie funktioniert Vectoring?

In den Leitungsbündeln, die vom Kabelverzweiger abgehen, liegen mehrere Kupferkabel parallel. Durch die Eigenschaften des Kupferdrahtes kommt es durch elektromagnetische Störungen zum Überlagern von Signalen („Übersprechen“). Die schlechtere Qualität bedeutet auch eine geringere realisierbare Datengeschwindigkeit.

Vectoring setzt hier an, indem die elektromagnetischen Störungen ausgeglichen werden. Auf diese Weise kann der Datendurchsatz verdoppelt werden. Die Technik berechnet dabei ein Gegensignal zu der bekannten Störung und unterdrückt so das Übersprechen. Durch diese Technik werden die Signale so moduliert, dass beim Endpunkt so ankommen, als wären sie nicht durch andere Leitungen gestört. Vorstellbar ist dies mit dem Bild eines virtuellen Kopfhörers. Vectoring bietet einen solchen Kopfhörer für die Leitung, sodass äußere Störungen minimiert werden.

Problem: Kontrolle über den Kabelverzweiger

Um die Berechnung und den Ausgleich der Störsignale beim Vectoring realisieren zu können, muss der Anbieter die Kontrolle über alle Leitungen im Kabelverzweiger haben. Damit werden allerdings Konkurrenzunternehmen von der Installation eigener Technik abgehalten.

Im Wettbewerb um den Kunden hat die Telekom daher einen Vorteil, denn sie betreibt 330.000 Kabelverzweiger, die Konkurrenten nur einen kleinen Bruchteil. Daher gibt es eine Ausbau-Liste, über die Unternehmen den Aufrüstungswunsch von Kabelverzweigern anzeigen können. Die Listenmodalitäten sind komplex, erlauben aber auch der Telekom-Konkurrenz, die Kontrolle über das Vectoring der Kabelverzweiger zu übernehmen. Als Ausgleich für die jeweils anderen Anbieter muss das Vectoring einsetzende Unternehmen der Konkurrenz einen Bitstromzugang zur Verfügung stellen. Dabei handelt es sich um ein Kabel, über das diese Anbieter VDSL-Anschlüsse und auch IP-TV-Angebote an Kunden vermieten können, ohne eine eigene Leitungsstruktur vorhalten zu müssen.

Kritik an Vectoring

Vectoring ist sehr umstritten. Kritiker werfen der das Vectoring vorantreibenden Telekom vor, damit ihre alten Kupferleitungen finanziell zu vergolden. Denn bei vergleichsweise geringen Investitionen können sie so gegenüber Konkurrenten wie Kabelfernsehanbietern ohne Aufwand einen für den Kunden gleichwertige Alternative bieten. Zugleich bremse sie aber den Breitbandausbau, da kaum ein Kunde sich eine schnelle und leistungsstarke Leitung bis ans Haus legen lassen wird, solange das Kupferkabel eine ausreichend schnelle Verbindung bietet.

Vectoring erlaubt bis zu 100 MBit/s bei einer Kabellänge von bis zu 500 Metern. Voraussetzung ist allerdings ein Breitbandanschluss zum Kabelverzweiger. Daraus entstehen zwei Probleme. Zum einen wird bei einem längeren Kupferkabel die mögliche Geschwindigkeit deutlich geringer. Das bedeutet, viele Kunden können nur eine geringfügige Verbesserung erfahren, einige kommen gar nicht in den Genuss von schnellen und bedarfsgerechten Breitbandanschlüssen. Zum anderen ist in sehr ländlichen Regionen, in denen der Breitbandanschluss besonders vorangetrieben werden soll, Vectoring gar keine Alternative. Denn hier sind zu wenig Glasfaserkabel vorhanden und die Kupferkabel zum Hausanschluss meistens sehr weit vom Kabelverzweiger entfernt. Die betroffenen Regionen könnten bei der Erschließung mit schnellen Internetleitungen weiterhin vernachlässigt werden.