Urteil gegen Google – Gmail ist ein Telekommunikationsdienst

Gmail ist ein Telekommunikationsdienst

Ist Googles E-Mail-Dienst Gmail ein Telekommunikationsdienst? Mit dieser Frage hatte sich das Verwaltungsgericht in Köln auf Klage der Bundesnetzagentur zu beschäftigen. In ihrem Urteil (Az.: 21 K 450/15) vom 11. November 2015 kommen die Richter der Argumentation der Klage nach und stufen Gmail als Telekommunikationsdienst ein. Das hat weitreichende Folgen. Google kann jedoch gegen den Richterspruch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster Berufung einlegen

Der Vorgang – Gmail und die Signalübertragung

Grund der Klage ist die Weigerung Googles, seinen E-Mail-Dienst als Telekommunikationsdienst anzumelden. Dies hatte die Bundesnetzagentur mit zwei Bescheiden aus 2012 und 2014 unter Androhung eines Bußgeldes gefordert. Der Konzern beruft sich jedoch auf das Telekommunikationsgesetz und erklärte, er kontrolliere nicht die technische Signalübertragung. Dies ist jedoch Voraussetzung. In § 3 TKG heißt es: Telekommunikationsdienste sind „in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen“.

Die Richter sahen dies anders. Sie begründeten, dass bei einer Betrachtung der reinen Funktion der Signalübertragung im E-Mail-Verkehr diese überwiegend dem E-Mail-Dienst zuzurechnen sei. Dabei spiele es keine Rolle, dass die Daten über das offene Internet verschickt würden. Anders ausgedrückt: Die Funktion eines E-Mail-Dienstes erfordert eine Signalübertragung und daher ist Gmail ein Telekommunikationsdienst.

Folgen aus der Gmail-Einschätzung

Daraus ergeben sich Konsequenzen. Sofern Google wider Erwarten nicht in Berufung geht oder – was offen ist – diese verliert, muss der Konzern Gmail als Telekommunikationsdienst anmelden. Das ist mehr als ein formaler Akt. Denn daraus ergeben sich alle im Telekommunikationsgesetz festgehaltenen Pflichten. Dazu gehören unter anderem die neue Vorratsdatenspeicherung sowie ein verstärkter Datenschutz. Letzteres dürfte ein Knackpunkt werden. Denn bisher ist die Datenübertragung nicht immer so geheim, wie es die Nutzer glauben. So filtert Google unter anderem Mails nach bestimmten Fotoeigenschaften, um Kinderpornografie zu entdecken und den Behörden zu melden. Was hier als positive Technik erscheint, kann aber auch in anderen Bereichen genutzt werden. Dazu gehört das Bereitstellen von interessebezogener Werbung. Diese basiert auf einem automatisierten Auslesen von Kommunikationsinhalten. Das verletzt jedoch in letzter Konsequenz das im Grundgesetz verankerte und im Telekommunikationsgesetz (§109 Abs. 1) angemahnte Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis. Neben der Reaktion von Google wird jedoch auch abzuwarten sein, wie zukünftig andere Kommunikationsmedien wie der Messengerdienst WhatsApp richterlich eingestuft werden. Das Urteil könnte entsprechend wegweisend sein.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Die aktuellsten telespiegel Nachrichten
Widerrufsrecht – Online-Shop muss Kunden unmissverständlich belehren

Widerrufsrecht

Online-Shop muss Kunden unmissverständlich belehren

Online-Shops müssen ihre Widerrufsbelehrung unmissverständlich formulieren, sodass der Kunde nicht selbst prüfen muss, ob für ihn ein Recht auf Widerruf besteht. Das hat das OLG Stuttgart entschieden und stufte damit die Belehrung eines Online-Shops als zu abstrakt und damit nicht rechtskonform ein. […]

Jeder Dritte wurde gehackt – Schwache Passwörter als Einfallstor

Jeder Dritte wurde gehackt

Schwache Passwörter als Einfallstor

Immer mehr Nutzer in Deutschland erleben den Verlust der Kontrolle über Online-Accounts, insbesondere im Bereich Social Media, E-Mail und Finanzen. Die wachsende Bedrohungslage verdeutlicht den Bedarf an zuverlässigen Sicherheitslösungen zur effektiven Absicherung digitaler Identitäten. […]

Sofortnachrichten statt Telefonate – Bundesnetzagentur Jahresbericht 2024

Sofortnachrichten statt Telefonate

Bundesnetzagentur Jahresbericht 2024

Die Bundesnetzagentur hat ihren Bericht zur Telekommunikation für das Jahr 2024 veröffentlicht. Der Bedarf an Datenvolumen und schnellen Breitbandanschlüssen steigt, während immer weniger Telefongespräche geführt werden. Hoch im Kurs für die Kommunikation stehen Messenger-Apps wie WhatsApp und Co. […]

BNetzA verurteilt – Streitbeilegungsfrist muss eingehalten werden

BNetzA verurteilt

Streitbeilegungsfrist muss eingehalten werden

Das Verwaltungsgericht Köln hat die Bundesnetzagentur verurteilt. Daraus ergibt sich, dass die Streitbeteiligungsfrist von 4 Monaten auch beim Verhandlungsgebot eingehalten werden muss. Ein Telekommunikationsanbieter hatte die Behörde zuvor wegen Untätigkeit verklagt. […]

Fristgerechte Energieabrechnung – OLG-Urteil stärkt Verbraucherschutz

Fristgerechte Energieabrechnung

OLG-Urteil stärkt Verbraucherschutz

Kunden müssen spätestens sechs Wochen nach dem Abrechnungszeitraum ihre Energieabrechnung erhalten. Dies hat jetzt das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden. Die Verbraucherzentrale hatte gegen den Energieanbieter EWE Vertrieb GmbH geklagt. Noch ist das Urteil allerdings nicht rechtskräftig. […]

5G-Straßenlaterne – O2 Telefónica startet bundesweit innovativen Ausbau

5G-Straßenlaterne

O2 Telefónica startet bundesweit innovativen Ausbau

O2 hat gemeinsam mit 5G Synergiewerk den Ausbau von 5G-Leuchten in großen Städten in ganz Deutschland gestartet. Mit den innovativen Funkmasten soll die 5G-Netzabdeckung insbesondere bei großen Veranstaltungen und in den Innenstädten verbessert werden. Denn der benötigte Datenverkehr wächst stetig. […]