110-Notrufe – Datenschützer geben Zustimmung für bundesweite Ortung

110-Notrufe – Datenschützer geben Zustimmung für bundesweite Ortung

Beim Wählen der 112 werden automatisch präzise Standortdaten an die Leitstelle übermittelt. Dies kann Leben retten. Anders beim 110-Notruf: juristische Schwierigkeiten verhindern die schnelle Zurückverfolgung des Anrufs. Jetzt haben Datenschützer ihre Erlaubnis zur bundesweiten 110-Ortung gegeben – an einer technischen Umsetzung wird schnellstmöglich gearbeitet.

Weshalb war die 110-Ortung bisher nicht möglich?

223 von 234 Leitstellen von Feuerwehr und Rettungsdiensten nutzen das sogenannte Adcanced Mobile Location-Verfahren, kurz AML. Da sich der zentrale AML-Server in Baden-Württemberg befindet, fließen sämtliche Daten aus ganz Deutschland hier zusammen. Für den 112-Notruf gelten andere rechtliche Voraussetzungen als für den 110-Notruf. Bis jetzt verhindern rechtliche Hürden in Baden-Württemberg die schnelle und genaue Ortung von Personen, die die 110 anrufen. Konkret bedeutet dies, dass die Daten weder abgerufen noch weitergegeben werden dürfen. „Die föderale Struktur Deutschlands ist hier zurzeit aus rechtlichen Gründen hinderlich“, schreibt etwa das Innenministerium Kiel. Die Ortung, die nur bei konkreter Gefahr für Leib und Leben eingesetzt werden darf, ist daher bislang nur über eine Funkzellenabfrage möglich. Das kostet viel mehr Zeit und ist aufwendig. Hinzu kommt, die Ungenauigkeit der Ortung über die Funkzellenabfrage – insbesondere im ländlichen Bereich kann der Radius mehrere Kilometer groß sein. Aufgrund der noch fehlenden Rechtsgrundlagen gab es lange Zeit Gegenwind von Datenschutzbeauftragten.

„Dies gilt insbesondere im Falle der Polizei, die nicht nur dafür zuständig ist, in Notlagen zu helfen, also Gefahren abzuwehren, sondern auch im Falle von Anhaltspunkten für Straftaten zu ermitteln“, äußert ein Sprecher der Landesdatenschutzbeauftragten.

Wie geht es jetzt weiter?

Das EU-Recht schreibt eine automatische Standortdatenübermittlung bei 110-Notrufen vor. Nach der Einigung des baden-württembergischen Innenministeriums und dem Datenschutzbeauftragten des Landes, Prof. Dr. Tobias Keber, soll jetzt das bundesweite Pilotprojekt starten. Der Datenschützer betont, dass die Weitergabe der Standortdaten ausschließlich unter bestimmten Bedingungen erfolgen darf. Nämlich „nur zur Hilfe und nicht zur Strafverfolgung“. Keber fordert eine strenge Zweckbindung der Datennutzung. Für diese muss jetzt eine Rechtsgrundlage geschaffen werden – überprüft werden muss primär, ob hierfür Änderungen des Polizeigesetzes von Baden-Württemberg ausreichen oder ob Änderungen auf Bundesebene notwendig sind. Geregelt werden müssen neben der Weitergabe der Standortdaten auch die genauen Rechtsgrundlagen zur Speicherung und Erhebung. Nach Angaben des baden-württembergischen Innenministeriums arbeite die Polizei nach dem Go des obersten Datenschutzbeauftragten jetzt an einer schnellstmöglichen technischen Umsetzung der 110-Notruf-Ortung. Genau wie bei 112-Notrufen ist mit dem AML-Verfahren, bei dem Sensoren wie GPS und WLAN während des Notrufs aktiviert werden, eine schnelle und präzise Übermittlung möglich. Über die Mobilfunknetze werden die Daten automatisch und direkt vom Smartphone zur Leitstelle übertragen.

Polizeigewerkschaft begrüßt das Pilotprojekt

Wenn sich Personen in hilflosen Situationen befinden, zählt oftmals jede Sekunde. Aus verschiedenen Gründen kann es den Anrufern beim Absetzen eines Notrufs manchmal nicht mehr möglich sein, den eigenen Standort durchzugeben. Vonseiten der Gewerkschaft der Polizei, kurz GdP, wird die rechtliche Beschränkung der Ortung von 110-Notrufen daher bereits seit Langem kritisiert.

„Gerade bei der Ortung von 110 ist in der Regel höchste Eile geboten. Wer diese Ortung nicht zulässt, gefährdet Leib und Leben“, betont Ralf Kusterer, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft.

Dass es jetzt eine Einigung zwischen dem Innenministerium und den Datenschützern gibt, wird von der Gewerkschaft begrüßt: „Es ist schön, wenn wir zeitnah eine Lösung finden, die unseren Kolleginnen und Kollegen die tägliche Arbeit erleichtern“, sagt Sven Neumann, stellvertretender Landesvorsitzende der GdP.

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