Urteil – Schmerzensgeld bei Cyber-Mobbing durch Kinder

Urteil - Schmerzensgeld bei Cyber-Mobbing durch Kinder

Strafunmündigkeit schützt vor Schmerzensgeld nicht. Diese Erfahrung musste ein knapp 14-jähriger Schüler machen, der einen Mitschüler per E-Mail so lange mobbte, bis dieser in Behandlung musste. Das Landgericht Memmingen verurteilte den Schüler zur Zahlung eines Schmerzensgeldes und folgte außerdem der Klage auf Unterlassung. Für eine Zuwiderhandlung setzte das Gericht ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 Euro fest. Das Urteil (Az.: 21 O 1761/13) fällten die Richter am 3. Februar 2015.

Der Fall: Drastische Beleidigungen führen zur Psychotherapie

Ein Schüler schickte einen Mitschüler mehrere E-Mails, in denen er vulgäre Beleidigungen von sich gab. Zusätzlich richtete er bei Facebook eine Seite unter dem Namen seines Opfers ein, auf der er verletzende Inhalte postete. Unter anderem wurde das Opfer in vulgärer Form als Pädophiler bezeichnet und u. a. behauptet, er wöge 100 Tonnen, ihm wüchsen Brüste und er sei homosexuell.

Das Opfer litt unter dem Cyber-Mobbing so stark, dass es in stationäre psychotherapeutische Behandlung musste. Die Eltern ließen die Facebookseite schließen, zogen aber für ihren Sohn vor Gericht, nachdem der Täter keine Unterlassungserklärung abgeben wollte.

Trotz Alters Strafunmündigkeit nicht gegeben

Das Verfahren baute auf zum Teil widersprüchliche Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten und Indizien auf. Das angeklagte Kind bestritt zumindest die Mobbing-Aktion auf Facebook. Die Richter waren aufgrund der Indizienlage jedoch der Ansicht, dass der Angeklagte schuldig zu sprechen sei. Obwohl er zum Tatzeitpunkt noch keine 14 Jahre und damit strafunmündig war, sei aber – auch durch eine Sensibilisierung im Unterricht – die erforderliche Einsicht und intellektuelle Fähigkeit gegeben gewesen, sich der Gefährlichkeit seines Handels und über dessen Folgen bewusst zu sein. Die Richter werteten die Handlungen als massiven Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Opfers. Da der Täter jedoch noch Kind ist und als Schüler Schwierigkeiten haben dürfte, eine Strafe zu zahlen, legten die Richter diese trotz der vorsätzlichen Handlung auf 1.500 Euro fest. Hinzu kommen Prozesskosten in fünfstelliger Höhe sowie außergerichtliche Anwaltskosten des Klägers. Im Wiederholungsfall droht zudem ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 Euro.

Einordnung: Cyber-Mobbing bleibt nicht straffrei

Das Landgericht hat einen Spagat geschafft. Zum einen bleibt das Schmerzensgeld trotz der Schwere des Vergehens äußerst moderat. Dieses ist dem Alter des Täters geschuldet. Zum anderen ist genau dieses kein Grund, straffrei auszugehen. Obwohl der Täter zur Tatzeit nur zwölf Jahre alt war, hätte er vorsätzlich und trotz einer Sensibilisierung durch Unterrichtsinhalte das Opfer massiv über das Internet gemobbt. Damit zeigen die Richter eine klare Grenze auf. Cyber-Mobbing berührt das Persönlichkeitsrecht und selbst formelle Strafunmündigkeit schützt nicht vor einer Verurteilung. Das Urteil ist damit vielleicht nur ein kleines Symbol für das Opfer, aber eine große Warnung an alle Täter, das Cyber-Mobbing kein Kavaliersdelikt ist – auch nicht durch Kinder und Kindern gegenüber!

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Die aktuellsten telespiegel Nachrichten
Apple überholt Samsung - erstmals Marktführer bei Smartphones

Apple überholt Samsung

Erstmals Marktführer bei Smartphones

Apple sichert sich im ersten Quartal 2025 erstmals den Spitzenplatz im globalen Smartphone-Markt – mit 19 % Marktanteil vor Samsung. Wachstum in Schwellenländern und das neue iPhone 16e treiben die Verkäufe an, während wirtschaftliche Unsicherheiten den Markt vor Herausforderungen stellen. […]

Zwischen Anspruch und Realität - die digitale Dienstleistungsfreiheit der EU

Zwischen Anspruch und Realität

Die digitale Dienstleistungsfreiheit der EU

Die europäische Dienstleistungsfreiheit ist ein zentrales Versprechen des Binnenmarkts – doch im digitalen Raum gerät sie zunehmend unter Druck. Trotz einheitlicher EU-Vorgaben sehen sich Online-Dienstleister mit immer mehr nationalen Sonderregelungen konfrontiert. Das Spannungsverhältnis zwischen europäischer Freiheit und nationaler Regulierung wirft grundsätzliche Fragen auf – rechtlich wie politisch. […]

Kartellrechts-Verstoß – Meta darf Facebook-Seite nicht einfach sperren

Kartellrechts-Verstoß

Meta darf Facebook-Seite nicht einfach sperren

Der Meta-Konzern wurde vom Oberlandesgericht Düsseldorf wegen eines Kartellrechts-Verstoßes verurteilt. Das marktbeherrschende Unternehmen darf Webseiten nicht ohne Angabe von Gründen sperren. Geklagt hatte ein Düsseldorfer Verein, weil seine Facebook-Seite gesperrt wurde. […]

Realme 14 Pro+ - das bietet das Top-Smartphone aus der Mittelklasse

Realme 14 Pro+

Das bietet das Top-Smartphone aus der Mittelklasse

Das Realme 14 Pro+ gehört zu den Top-Smartphones der Mittelklasse. Denn technisch liegt es auf Augenhöhe mit den Flaggschiffen der großen Hersteller und bietet starke Leistung und ein gutes Kamerasystem. Aktuell ist das Handy bereits für weniger als 400 Euro erhältlich. […]

Vertrauensdienste & eIDAS 2.0 - Deutschlands digitaler Weg

Vertrauensdienste & eIDAS 2.0

Deutschlands digitaler Weg

Die EUDI-Wallet ist das Herzstück der neuen EU-Verordnung eIDAS 2.0 und soll Bürgern eine sichere, grenzüberschreitende digitale Identität ermöglichen. Deutschland übernimmt dabei eine Schlüsselrolle und testet im Rahmen von Pilotprojekten den Einsatz der digitalen Brieftasche in Alltagsszenarien. Ziel ist eine vertrauenswürdige, transparente und datensichere digitale Infrastruktur für ganz Europa. […]

Führerschein als App – das müssen Autofahrer dazu wissen

Führerschein als App

Das müssen Autofahrer dazu wissen

Der digitale Führerschein wurde bereits vor Jahren angekündigt. Jetzt steht er endlich zur Verfügung. Autofahrer können das Dokument in digitaler Form in einer App hinterlegen, was für viele sicherlich praktisch ist. Allerdings kann nicht jeder auf die digitale Alternative zurückgreifen. […]