Urteil – Schadensersatz bei Cold Call

Urteil - Schadensersatz  bei Cold Call

„Vor Gericht und auf hoher See …„ – so beginnt ein Sprichwort. Dieses weist darauf hin, dass sich niemand des Ausgangs eines Rechtsstreits sicher sein kann. Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht Bonn am 23.06.2015 (Az.: 109 C 348/14) zwar – nach Gerechtigkeitsgefühl korrekt – für die Beklagte entschieden, dabei aber rechtlich umstrittene Erläuterungen formuliert. Diese könnte die bisher geltende Rechtssprechung abwandeln.

Der Fall: Ungenehmigter Anruf führt zum Vertragsabschluss

Ein Eintragdienst im Internet hatte ein Unternehmen ungenehmigt angerufen und dabei einen Werbeeintrag ausgehandelt. Diesen stellte der Dienst der Beklagten in Rechnung. Diese widersprach und führte an, dass es sich um einen sogenannten Cold Call handelte, also einen ungenehmigten Anruf. Dieser sei laut Gericht jedoch nur zulässig, wenn eine „mutmaßliche Einwilligung der Beklagten angenommen werden konnte„. Basis ist § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Diese mutmaßliche Einwilligung sei im konkreten Fall jedoch nicht gegeben. Daher wiesen die Richter die Klage des Eintragdienstes ab. Sie urteilten: „In jedem Fall steht dem unerlaubt Angerufenen ein eigener Schadensersatzanspruch aufgrund des Cold Calls zu, den er dem Anrufer entgegenhalten kann.„ Dabei sei es nicht entscheiden, ob der so vereinbarte Vertrag wirksam sei oder nicht.

Experten kritisieren Urteil

So nachvollziehbar das Urteil auf dem ersten Blick ist, sehen dieses Rechtsexperten als krasses Fehlurteil an. So erklärt Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr: „Dem unerlaubt Angerufenen steht unzweifelhaft ein Unterlassungsanspruch zu. Zusätzlich existiert ein Ersatzanspruch, wenn er z. B. einen Anwalt beauftragt. All dies war im vorliegenden Sachverhalt jedoch nicht der Fall.„ Es fehlen im Urteil des Amtsgerichts Bonn aber nicht nur Hinweise darauf, sondern auch auf ein Grund für den Schadensersatz und dessen Höhe. So bleibt das Urteil ein Sieg gegen Cold-Call-Anrufe, der aus rechtlicher Sicht aber umstritten bleibt. Denn das eigentlich geltende Recht auf Unterlassung sowie der Ersatzanspruch werden von den Richtern ausgeblendet.

Mehr Informationen

Unerwünschte Telefonwerbung – Gesetz für Verbraucherschutz
Gerichtesurteile Telefonanschluss – telespiegel Sammlung

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Die aktuellsten telespiegel Nachrichten
Schnelles Internet - Wie weit hängt Deutschland beim Netzausbau zurück?

Schnelles Internet

Wie weit hängt Deutschland beim Netzausbau zurück?

Menschen in Deutschland haben inzwischen ein offizielles Recht auf schnelles Internet. Was das bedeutet und woran die Verzögerungen liegen, haben wir hier zusammengefasst. Vor allem in ländlichen Regionen gibt es nach wie vor Probleme, die nur stückweise angegangen werden. […]

Programmfehler „Acropalyse“ – Inhalte können wiederhergestellt werden

Programmfehler „Acropalyse“

Inhalte können wiederhergestellt werden

Screenshots, die mit dem Pixel-Tool Markup bearbeitet und zugeschnitten wurden, ließen sich aufgrund eines Bugs wieder vollständig herstellen. Mittlerweile ist die potenzielle Sicherheitslücke geschlossen – aber auch das Snipping-Tool von Microsoft weist ein entsprechendes Problem auf. […]

Abzocke mit „Amazon-Paletten“ – Verbraucherzentrale warnt vor Betrug

Abzocke mit „Amazon-Paletten“

Verbraucherzentrale warnt vor Betrug

Mit vermeintlichen Schnäppchen locken Betrüger arglose Verbraucher in eine Falle und ziehen ihnen das Geld aus der Tasche. Die Ware erhalten die Kunden nie. Die Verbraucherzentrale Sachsen warnt aktuell vor der Betrugsmasche mit angeblichen „Amazon-Paletten“. […]

Illegale Streaming-Plattform – Ermittlern gelingt Schlag gegen Streamzz

Illegale Streaming-Plattform

Ermittlern gelingt Schlag gegen Streamzz

Der Alliance for Creativity and Entertainment ist ein Schlag gegen die beliebte illegale Streaming-Plattform Streamzz gelungen. Die Ermittler konnten die Seite offline nehmen, auf der mehr als 75 000 Filme illegal angeboten wurden. Betrieben wurde die Plattform aus Deutschland. […]

Gerichtsurteil – Tastendruck-Abofalle im Festnetz ist rechtswidrig

Gerichtsurteil

Tastendruck-Abofalle im Festnetz ist rechtswidrig

Das Oberverwaltungsgericht NRW hat entschieden, dass ein Abo-Dienst, der über das Drücken einer Tastenkombination im Festnetz abgeschlossen wird, rechtswidrig ist. Grund ist ein Verstoß gegen die Preistransparenz und das Wettbewerbsgesetz sowie eine rechtswidrige Rufnummernnutzung. […]