Urteil – unerlaubter Anruf führt nicht zwingend zu Schadensersatz

Urteil - unerlaubter Anruf führt nicht zwingend zu Schadensersatz

Am 21. April 2016 beschäftigte sich der Bundesgerichtshof mit unerlaubten Telefonanrufen sowie daraus resultierenden Schadensersatzforderungen. In seinem Urteil (Az.: I ZR 276/14) kommt das Gericht zu dem Schluss, dass bei unzulässigen Telefonanrufen nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) nur die Schäden erfasst werden, die auch vom Schutzbereich abgedeckt sind. Darüber hinaus solle dadurch nicht der Schutz der Entscheidungsfreiheit bezweckt werden.

Branchenverzeichnis ruft unerlaubt an, Kunde schließt Vertrag, zahlt aber nicht

Im konkreten Fall ging es um ein Revisionsverfahren. Ein Mitarbeiter eines Branchenverzeichnisses hatte einen gewerblichen Kunden ohne vorherige Einwilligung angerufen und damit § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 des UWG verstoßen. Der Kunde willigte dabei in einen zweiten Anruf ein und schloss bei diesem einen Vertrag über 728,28 Euro. Er zahlte jedoch nicht. Es kam zur Gerichtsverhandlung und zur Berufung. In dieser stellten die Richter zunächst fest, dass der Vertrag rechtsgültig geschlossen sei und somit dem Branchenverzeichnis die Vertragssumme zustehe. Da der Vertrag aber nach einem unerlaubten Anruf geschlossen wurde, habe der Kunde wegen der „Überrumpelungssituation“ nach § 242 BGB einen Schadensersatzanspruch, der gegen die Forderung aufzurechnen sei. Dieses Urteil revidierte der Bundesgerichtshof im Revisionsverfahren.

Der Bundesgerichtshof sieht ebenfalls den geschlossenen Vertrag als rechtskräftig an. Allerdings steht dem Beklagten (Kunden) kein Schadensersatzanspruch zu. Denn dieser habe beim unberechtigten ersten Anruf explizit einem zweiten Anruf zur Vertragsverhandlung zugestimmt. Laut UWG solle nach Ansicht der Richter eine unzumutbare Belästigung und Inanspruchnahme von Ressourcen verhindert werden. Aus diesem Grund scheide ein Schadensersatz aus. Denn der mögliche Schaden im Fall entsteht erst nach der Entscheidung des Angerufenen, einen zweiten Anruf zuzulassen. Das UWG schütze jedoch nur vor dem ersten ungewünschten Anruf, nicht jedoch die dabei getroffenen Entscheidungen.

Offene Fragen nach dem Urteil

Zur Klärung der weiteren Fragen verwies der Bundesgerichtshof das Verfahren an die Vorinstanz zurück. Unter anderem ist offen, welche Partei in Vorleistung hätte gehen müssen und ob die – noch nicht umgesetzte – Leistungserbringung im Zuge der Klage überhaupt noch möglich ist. Daran schließt sich die Frage an, ob der Kunde wegen der bereits angebrochenen Laufzeit ohne Leistungserbringung überhaupt zahlen muss oder ob das klagende Branchenverzeichnis die Leistung zeitversetzt erbringen darf.

Mehr Informationen

Telefonknigge – Die Benimmregeln zum richtig telefonieren
Gerichtsurteile – Festnetz – Gerichtsurteile zum Thema Telefonanschluss im Festnetz

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Die aktuellsten telespiegel Nachrichten
Risiko durch „EvilVideo“ – schwerwiegende Sicherheitslücke bei Telegram

Risiko durch „EvilVideo“

Schwerwiegende Sicherheitslücke bei Telegram

Wer die Telegram-App auf seinem Android-Gerät verwendet, muss aufpassen. Aktuell gibt es eine schwerwiegende Sicherheitslücke, die von Cyberkriminellen ausgenutzt wird. In der neusten Version wurde diese bereits geschlossen, weshalb User ihre Anwendung so schnell wie möglich aktualisieren sollten. […]

Das neue Xiaomi Mix Flip – Foldable stellt Samsung-Geräte in den Schatten

Das neue Xiaomi Mix Flip

Foldable stellt Samsung-Geräte in den Schatten

Xiaomi hat sein erstes faltbares Smartphone auf den Markt gebracht. Dank einiger spektakulärer Features ist das neue Xiaomi Mix Flip ein echter Konkurrent für die neuen faltbaren Modelle von Samsung. Wann das Xiaomi-Foldable hierzulande auf den Markt kommt, ist allerdings bisher nicht bekannt. […]

Globale Computerstörung – weltweite IT-Panne mit „historischem Ausmaß“

Globale Computerstörung

Weltweite IT-Panne mit „historischem Ausmaß“

Ein Fehler in einem Software-Update hat heute zu Chaos an Flughäfen, der Schließung von Supermärkten sowie massiven Problemen in Krankenhäusern geführt. Die heutige globale IT-Panne hat weltweite Auswirkungen, deren Ausmaß sich erst noch zeigen wird. Ein Cyberangriff wird ausgeschlossen. […]

Glasfaserausbau – Hamburg übernimmt Hälfte des Netzbetreibers willy.tel

Glasfaserausbau

Hamburg übernimmt Hälfte des Netzbetreibers willy.tel

Die Stadt Hamburg will den Ausbau des Glasfasernetzes schneller vorantreiben. Hierzu ist sie jetzt eine Kooperation mit dem privaten Netzbetreiber willy.tel eingegangen. Durch die Übernahme von 49,9 Prozent des Unternehmens sollen in den nächsten Jahren zahlreiche weitere Haushalte versorgt werden. […]

Zahlungsaufforderung per SMS – Urteil: Forderungen können zulässig sein

Zahlungsaufforderung per SMS

Urteil: Forderungen können zulässig sein

Nicht jede Zahlungsaufforderung per SMS ist Spam. Das OLG Hamm hat entschieden, dass Mahnungen per SMS zulässig sein können. Dies ist dann der Fall, wenn die Forderung berechtigt ist und die Nachricht tagsüber beim Empfänger eingeht. Geklagt hatte der vzbv gegen ein Inkassounternehmen. […]