Bezahlte Produktbewertungen – Amazon klagt gegen ein Bewertungsportal

Bezahlte Produktbewertungen – Amazon klagt gegen ein Bewertungsportal

Das Onlineportal Amazon hatte Klage gegen ein Bewertungsportal erhoben, das bezahlte Produktbewertungen für den Verbraucher nicht als solche kenntlich machte. Das Oberlandgericht Frankfurt am Main hat in einem Urteil (Aktenzeichen: 6 W 9/19) am 22. Februar 2019 entschieden, dass Amazon gegen solche Anbieter vorgehen darf. Bezahlte Produktbewertungen müssen in Zukunft auch als solche kenntlich gemacht werden, da der Verbraucher die Rezension sonst nicht richtig einordnen könne. Das Urteil des Oberlandgerichts Frankfurt am Main ist noch nicht rechtskräftig und ein Widerspruch seitens des Bewertungsportals ist möglich.

Bezahlte Bewertungen

Das Bewertungsportal, gegen das der Onlineversandhändler klagte, vermittelt Tester an Produktanbieter. Die ausgewählten Tester erhalten daraufhin von dem jeweiligen Anbieter ein Produkt, welches von ihnen getestet werden soll. Nachdem das Produkt getestet wurde, schreiben die Tester eine Rezension zu dem jeweiligen Produkt. Da die Tester im Gegenzug für die Produktbewertung das Produkt behalten oder lediglich einen geringen Restbetrag bezahlen müssen, handelt es sich um bezahlte Bewertungen. Die von den Testern abgegebene Rezension wird anschließend von dem Bewertungsportal bei Amazon online gestellt. Dabei wird die Bewertung mit keinem Hinweis gekennzeichnet, dass die Tester bezahlt werden. Der Verbraucher, der die Rezensionen der Tester liest, erfährt somit nicht, dass der Tester Produkte oder Geld für seine Bewertung erhalten hat. Durch die Bezahlung der Tester können die Rezensionen möglicherweise beeinflusst werden.

Bezahlte Bewertungen müssen gekennzeichnet werden

Gemäß des Gerichtsbeschlusses des Oberlandgerichts Frankfurt am Main kann Amazon in Zukunft verlangen, dass gekaufte Bewertungen auf amazon.de von Drittanbietern auch als solche kenntlich gemacht werden. Ist dies nicht der Fall, kann Amazon auf dem normalen Klageweg vor dem Landgericht einen Widerspruch gegen solche bezahlte Bewertungen einlegen.

Verbraucher werden getäuscht

Das Oberlandgericht gelangte zu der Ansicht,

dass Verbraucher generell davon ausgehen, dass Bewertungen ohne eine Gegenleistung erstellt werden. Der werbliche Hintergrund einer Rezension sei für einen Verbraucher nicht zu erkennen, wenn dieser nicht mit einem ausdrücklichen Hinweis ausgestattet wird. Dadurch können Verbraucher durch die bezahlten Bewertungen getäuscht werden.

Die Gegenseite

Das Bewertungsportal wiederum wies vor Gericht darauf hin, dass Amazon mit dem „Vine Club der Produkttester“ selbst einen solchen Service anbiete. Durch die Vine-Mitglieder würden ebenfalls bezahlte Bewertungen auf Amazon veröffentlicht werden. Der Unterschied zwischen den Bewertungen des Bewertungsportals und denen des Vine Clubs liegt jedoch darin, dass Rezensionen aus dem Vine Club einen entsprechenden Hinweis tragen. Für den Verbraucher ist somit deutlich erkennbar, dass es sich um bezahlte Bewertungen handelt.

Was ist der sogenannte Amazon Vine-Club?

Von dem Onlineversandhändler Amazon werden bestimmte, vertrauenswürdige Rezensenten ausgewählt. Diese ausgewählten Personen dürfen neue und bisher noch nicht veröffentlichte Artikel testen und anschließend bewerten. Dabei werden die Clubmitglieder stets anhand der Nützlichkeit und Qualität ihrer Bewertungen ausgewählt. Wer ein Mitglied des Vine-Clubs ist, erhält durch Amazon kostenlos Produkte, die von teilnehmenden Anbietern an das Programm übergeben wurden. Amazon versichert, dass die Bewertungen und Meinungen der Vine-Club Mitglieder nicht von den Anbietern beeinflusst werden können. Aus diesem Grund handele es sich um unabhängige Meinungen. Für den Verbraucher sind Bewertungen aus dem Amazon Vine-Club deutlich zu erkennen. Die Rezensionen sind immer mit einem grünen Streifen sowie mit der Aufschrift „Kundenmeinung aus dem Amazon Vine-Club der Produkttester-Programm“ kenntlich gemacht. Demnach sieht der Verbraucher auf den ersten Blick, dass es sich um eine Bewertung aus dem Vince-Club handelt. Der Onlineversandhändler versichert, dass die Anbieter in keinerlei Kontakt zu den Produkttestern stehen und dadurch auch kein Einfluss auf die Rezensionen genommen werden kann.

Nicht zu sehr auf Kundenbewertungen vertrauen

Viele Verbraucher orientieren sich beim Onlineshopping sehr an den Bewertungen anderer Kunden. Allerdings warnte die Stiftung Warentest vor kurzem davor, sich zu sehr auf die Kundenrezensionen bei Amazon zu verlassen. Da die eigene Bewertung eines Produkts oftmals mit den Rezensionen anderer Kunden weit auseinander geht, eignen sich die Bewertungen bei Amazon nicht, um die Qualität eines Produktes einschätzen zu können. Diese Abweichungen werden von der Stiftung Warentest damit begründet, dass Kundenrezensionen auf Amazon meist emotional vergeben werden. Das bedeutet, dass häufig nur sehr zufriedene oder eben sehr unzufriedene Verbraucher eine Bewertung zu einem Produkt abgeben. Die mittelmäßigen Bewertungen fehlen oftmals. Zudem warnt die Stiftung Warentest, dass die Rezensionen der Verbraucher meist sehr oberflächlich seien. Denn von den meisten Verbrauchern können Kriterien wie Schadstoffe, Datenmissbrauch oder elektrische Sicherheit nicht überprüft werden. So erhielt ein Gerät bei Amazon fast die Höchstzahl an Sternen, wurde von der Stiftung Warentest jedoch lediglich als mangelhaft eingestuft. Die Gesamtsternebewertung wird bei Amazon nach einem ganz eigenen Modell berechnet. Der Onlineversandhändler berücksichtigt dabei Kriterien wie:

  1. Wie alt ist die Bewertung?
  2. Handelt es sich um einen verifizierten Kauf?
  3. Wirkt der Rezensent authentisch?
  4. Wie hilfreich fanden andere Kunden die Bewertung?

Demnach handelt es sich bei der Gesamtsternebewertung nicht um eine Durchschnittsrechnung.

Worauf kann man beim Umgang mit Kundenbewertungen achten?

Die Stiftung Warentest gab einige Tipps dazu, wie Verbraucher sich dennoch an den Kundenbewertungen orientieren können. Es sei zum Beispiel hilfreich, bei mehreren negativen Bewertungen nach übereinstimmenden Mängeln zu suchen. Dies könne einen Hinweis auf Schwachstellen des Artikels geben. Mit der Wörter-Suchfunktion kann darüber hinaus nach bestimmten Schlagwörtern gezielt gesucht werden. So kann der Verbraucher nach Wörtern suchen, die für ihn besonders wichtig sind. Bei der Bewertung von Kundenrezensionen sollte der Verbraucher Kriterien wie eine schnelle Lieferung oder ähnliches nicht beachten. Diese Faktoren geben keine Auskunft über die Qualität des Artikels.

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