Urteil – Recht auf Vergessen im Netz gilt auch bei schweren Straftaten

Urteil - Recht auf Vergessen im Netz gilt auch bei schweren Straftaten

Das Recht auf Vergessenwerden im Internet gilt auch bei schweren Straftaten. Dies hat das Bundesverfassungsgericht nun entschieden. Ein Mann, der 1982 wegen Mordes verurteilt wurde, hatte Verfassungsbeschwerde eingereicht, da seine Unterlassungsklage in letzter Instanz vor dem Bundesgerichtshof abgewiesen wurde.

Weshalb klagte der Mann?

Der Kläger war vor 37 Jahren wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Im Jahr 2002 wurde er aus der Haft entlassen. Auch nach fast vier Jahrzehnten sind kostenlos abrufbare Artikel im Archiv des Spiegels zu finden, wenn sein Name in eine Internetsuchmaschine eingegeben wird. Der Mann erhob eine Unterlassungsklage, da in den Artikeln, die online verfügbar sind, sein vollständiger Name genannt wird. Dies würde ihn in der Entfaltung seiner Persönlichkeit, nach der Verbüßung seiner Haftstrafe, beeinträchtigen.

Warum wies der BGH die Klage ab?

Seine Unterlassungsklage wurde von dem Bundesgerichtshof abgewiesen. Der BGH ist die letzte Instanz in Zivil- und Strafverfahren. Begründet wurde die Abweisung der Klage damit, dass sowohl das Informationsinteresse der Öffentlichkeit als auch das Recht auf freie Meinungsäußerung in diesem konkreten Fall über dem Schutz der Persönlichkeit stehe. Der Mann legte daraufhin eine Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Das höchste deutsche Gericht gab der Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesgerichtshofes statt. Begründet wurde diese Entscheidung (Az. 1 BvR 16/13) unter anderem damit, dass der zeitliche Abstand zu einer Tat beachtet werden müssen, wenn eine Abwägung zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrechten stattfindet. Das Bundesverfassungsgericht betonte jedoch, dass aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht automatisch das Recht folge, dass alle früheren personenbezogenen Informationen aus dem Internet gelöscht werden müssen. Das Gericht erklärte: „Welche Informationen als interessant, bewundernswert, anstößig oder verwerflich erinnert werden, unterliegt insoweit nicht der einseitigen Verfügung des Betroffenen“.

Was sind die Folgen des Beschlusses?

Möglicherweise hat der Beschluss des höchsten deutschen Gerichtes weitreichende Folgen für Onlinepressearchive. Diese könnten verpflichtet werden, gegen die zeitlich unbegrenzten Verbreitung von personenbezogenen Berichten durch Suchmaschinen im Internet Schutzvorkehrungen zu treffen. Ein möglicher Ausgleich könnte sein, dass ein Originaltext weiterhin möglichst weitgehend ungehindert zugänglich ist, der Zugriff allerdings im Einzelfall bei einem bestehenden Schutzbedarf hinreichend begrenzt wird.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Die aktuellsten telespiegel Nachrichten
Achtung, Betrug – so können KI-Fake-Anrufe enttarnt werden

Achtung, Betrug

So können KI-Fake-Anrufe enttarnt werden

Betrügerische Anrufe und Nachrichten sind aufgrund des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz immer schwieriger zu erkennen. Um sich dennoch vor den betrügerischen Absichten zu schützen, hilft eine Frage, die bei einem vermeintlichen Hilfeanruf gestellt werden kann. […]

Unzulässige Internet-Sportwetten – Spieler können Einsatz zurückfordern

Unzulässige Internet-Sportwetten

Spieler können Einsatz zurückfordern

Spieler können ihre im Internet verlorenen Wetteinsätze von ausländischen Anbietern zurückfordern. Nämlich dann, wenn der Anbieter der Online-Sportwetten zu diesem Zeitpunkt keine gültige Lizenz für Deutschland hatte. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden. […]

Glasfaseranschlüsse – BNetzA veröffentlicht Leerrohrentgelte-Entwurf

Glasfaseranschlüsse

BNetzA veröffentlicht Leerrohrentgelte-Entwurf

Die Telekom muss Wettbewerbern den Zugang zu sogenannten Leerrohren ermöglichen, um zusätzliche Bauarbeiten zu vermeiden. Wie viel das Unternehmen für die Nutzung durch die Konkurrenz erhält, steht bislang noch nicht fest. Jetzt hat die zuständige Behörde einen Kompromiss vorgeschlagen. […]

Adaptive Timeout-Funktion – längere Akkulaufzeit bei Android 15

Adaptive Timeout-Funktion

Längere Akkulaufzeit bei Android 15

Ein neues Feature, das mit Android 15 kommen soll, könnte die Akkulaufzeit von Android-Geräten erheblich verlängern. Entdeckt wurden Hinweise auf „adaptive Timeout“ auf der zweiten Developer Preview. Das neue Betriebssystem soll bereits in einigen Monaten erscheinen. […]