Unzulässige Internet-Sportwetten – Spieler können Einsatz zurückfordern

Unzulässige Internet-Sportwetten – Spieler können Einsatz zurückfordern
Bundesgerichtshof in Karlsruhe

Immer wieder müssen Gerichte darüber entscheiden, ob Spieler, die an Onlineglücksspielen von Anbietern ohne gültige deutsche Lizenz teilgenommen haben, ihre verlorenen Einsätze zurückfordern können. Jetzt hat das oberste Gericht in Karlsruhe eine wegweisende Entscheidung gefällt (Aktenzeichen: I ZR 88/23): Spieler haben Anspruch auf die Rückerstattung ihrer Einsätze bei in Deutschland nicht zugelassenen Angeboten.

Wie war es zu dem Rechtsstreit gekommen?

Ein Kläger forderte die Erstattung seines verlorenen Einsatzes in Höhe von 11 984,89 Euro nebst Zins von einem österreichischen Anbieter für Internet-Sportwetten. Der Kläger hatte im Jahr 2018 über einen Zeitraum von rund zwei Monaten an den Wetten im Netz teilgenommen. Zu diesem Zeitpunkt besaß der Anbieter aus Österreich hierzulande über keine Konzession zur Veranstaltung entsprechender Internetwetten – hatte sie jedoch bereits beantragt. Onlineglücksspiel ist in Deutschland überhaupt erst seit dem 1. Juli 2021 legal, denn an diesem Tag trat der sogenannte Glücksspielstaatsvertrag, kurz GlüStV, in Kraft. Außer in Schleswig-Holstein war das Zocken im Netz zuvor jahrelang in Deutschland verboten. Aufgrund dieses Umstandes machte der Kläger die Unwirksamkeit der Wettverträge sowie die Unzulässigkeit der Wetten geltend. Ferner warf er dem österreichischen Anbieter vor, die ebenfalls unzulässige sogenannte Cash-Out-Funktion angeboten zu haben. Der Sachverhalt landete letztendlich vor dem Bundesgerichtshof.

Wie hat der BGH seine Entscheidung begründet?

Während das Landgericht Gießen im letzten Jahr in einem ähnlichen Fall entschied, dass Spielern keinerlei Anspruch auf die Rückerstattung ihres verlorenen Einsatzes bei Online-Casinos ohne gültige Lizenz für Deutschland zu steht, positionierte sich der Bundesgerichtshof jetzt klar: Die Einsätze können zurückgefordert werden. Das LG begründete seine Entscheidung damals damit, dass es sich trotz Verstoß gegen den GlüStV um einen wirksamen Spielvertrag handelte. Dem widerspricht das oberste Gericht und stellte fest, dass der gesamte Spielvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten ungültig ist. Dies ergibt sich aus der fehlenden gültigen Zulassung in Deutschland und dem daraus folgenden Verstoß gegen den hierzulande gültigen Glücksspielstaatsvertrag:

„Die Beklagte hat durch das öffentliche Angebot von Sportwetten gegen die Regelungen in § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen, die ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB darstellen (…). Aus diesem Verstoß dürfte im Streitfall die Nichtigkeit der Sportwettenverträge folgen (…)“, heißt es im Beschluss des BGH.

Auch der Umstand, dass der österreichische Anbieter zum Zeitpunkt der Wetten bereits eine Konzession beantragt habe, ändere nichts an diesem Verstoß. Im Urteil heißt es hierzu: „Maßgeblich für die Beurteilung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts (…) ist das zum Zeitpunkt des Verstoßes geltende Verbotsgesetz.“ Laut BGH handle es sich schon allein aufgrund des Wortlautes im GlüStV um Verbote im Sinne des § 134 BGB. Eine Ausnahme ergebe sich nur dann, wenn deutsche Behörden dem Anbieter die benötigte Lizenz, um die sich dieser bemüht, rechtswidrig verweigern. Da der Anbieter im zu klärenden Fall die Zahlungen des Spielers ohne eine Rechtsgrundlage erhalten habe, habe dieser einen Anspruch auf die Erstattung. Dies ergibt sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB: „Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.“

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