Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – Überwachung dienstlicher Anschlüsse

Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - Überwachung dienstlicher Anschlüsse

Dass ein dienstlicher Telefonanschluss oder Internet-Anschluss nicht oder zumindest nicht übermäßig zu privaten Zwecken gebraucht werden sollte, ist wohl jedem betroffenen Arbeitnehmer klar. Zahlreiche Gerichtsurteile deutscher Gerichte bestätigen die Rechtmäßigkeit der Kündigungen, die von Arbeitgebern wegen privater Nutzung dienstlicher Anschlüsse ausgesprochen wurden. Aber natürlich besteht dieses Problem auch über die Landesgrenzen hinaus und sogar der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg beschäftigte sich damit.

Die 57-jährige Mrs. Copland ist eine Angestellte des Carmarthenshire College, einer staatlichen Schule in England. Sie ist die persönliche Assistentin des Direktors der Schule und über einige Monat hinweg hatte der stellvertretende Schuldirektor ihren Telefon-, Internet- und Email-Nutzung an ihrem Arbeitsplatz überwacht. Dies tat er um festzustellen, ob und in welchem Mass die Angestellte die ihr von der Schule zur Verfügung gestellten dienstlichen Anschlüsse zu privaten Zwecken nutzte. So wurde zum Beispiel aufgezeichnet, welche Rufnummer wie lange und mit welchen Kosten angerufen wurde. Auch der Aufruf von Internet-Seiten und ihr Email-Verkehr wurde protokolliert. Erst durch die Hinweise von Kollegen wurde sie über die Aufzeichnung ihrer Aktivitäten informiert.

Es sei lediglich eine technische Prüfung vorgenommen worden, bei der weder Telefonate abgefangen noch die aufgerufenen Internet-Seiten protokolliert worden seien, erklärte die Leitung der staatlichen Schule zu ihrer Verteidigung. Dies sollte klären, ob die Angestellte die ihr zur Verfügung gestellten Kommunikationsmittel privat nutze. Die Schulleitung konnte dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte jedoch keine hinreichenden Argumente für die Überwachung des Internet-Anschlusses und des Telefonanschlusses nennen.

Die Überwachung des Internet-, Email-, und Telefonverkehr der Mrs. Copland sei ein Verstoss gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens garantiert. Die Überwachung der Angestellten entbehre jeder rechtlichen Grundlage, denn eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und notwendig (…) ist. Aus diesem Grund sprach der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte der Angestellten Mrs. Copland ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,- € zu. Diese Entscheidung ist zwar nur für Angestellte im öffentlichen Dienst von Belang, jedoch auch für die in Deutschland.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Aktz.: 62617/00 vom 03.04.2007

Update 05.09.2017

Ein weiteres Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Thema Internetnutzung am Arbeitsplatz

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