Urteil – Werbung für Telefon-Flatrate muss keinen Hinweis auf Ausschluss von Preselection beinhalten

Urteile Telefonflat

Ein regionaler Telefonanbieter mit eigenem Leitungsnetz, also ein Wettbewerber der Dt. Telekom, hatte in einer wöchentlich erscheinenden Zeitung für eines seiner Produkte geworben. Das Paket bestehend aus einem Telefonanschluss und einem DSL-Anschluss (DSL 1000) mit Pauschaltarifen für das surfen per DSL und für Telefonate in das deutsche Festnetz wurde mit den Worten `Mit EWE Tel sparen Sie bis zu 229,63 € / Jahr! (ggü. T-Com/T-Online)´ beworben. Dazu war eine Tabelle abgedruckt, in der das Flat-Komplett-Paket des Anbieters mit dem Komplettpaket Call&Surf Comfort grob verglichen wurde. Dieses Paket enthält ebenfalls einen Telefonanschluss, einen DSL-Anschluss (DSL 6000) und eine DSL-Flatrate sowie eine Telefon-Flatrate für das deutsche Festnetz.

Diese vergleichende Werbung sei wettbewerbswidrig, weil der Vergleich sachlich unzutreffend sei und der Text irreführend, bemängelte die Dt. Telekom. Es hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass mit dem Angebot von EWE Tel nicht per Call-by-Call und Preselection telefoniert werden könne. Das ist nämlich nur an einem Telefonanschluss der Dt. Telekom möglich. Im Mittelpunkt der Werbung stehe das Angebot der Flatrate, entgegnete EWE Tel. Weil der Nutzer einer solchen Flatrate bereits kostenfrei in das deutsche Festnetz telefoniere, sei die Buchung einer Preselection wirtschaftlich unsinnig.

Die Dt. Telekom mahnte seinen Wettbewerber ab, die Sache landete vor Gericht. Das Landgericht gab der Dt. Telekom Recht und verurteilte EWE Tel auf Unterlassung. EWE Tel nahm das Urteil in Bezug darauf hin an, dass ein Hinweis auf das mit ihrem Angebot nicht mögliche Call-by-Call fehle. Doch bezüglich des Hinweises auf eine Preselection ging das Unternehmen vor die nächste Instanz. Der fehlende Hinweis sei wettbewerbsrechtlich bedeutungslos, bekräftigte EWE Tel. Der mit der Werbung angesprochene Kundenkreis interessiere sich insbesondere für Telefonate in das deutsche Festnetz. Kunden, die vorrangig in das Ausland telefonieren, hätten an dieser Werbung ohnehin kein Interesse und für Telefonate in die deutschen Mobilfunknetze stehen andere Angebote von EWE Tel zur Verfügung, argumentierte der Anbieter.

Ein Hinweis auf die an einem Telefonanschluss von der Dt. Telekom zusätzlich mögliche Preselection sei nicht notwendig, urteilte das Oberlandesgericht Oldenburg und erklärte die teilweise Berufung für erfolgreich. Denn durch die Wahl einer Preselection mache der potentielle Kunde die mit der Flatrate zum Pauschalpreis erkauften Vorteile zunichte. Der Kunde würde die Leistung, die er über die Flatrate bereits bezahlt hat, nochmals bei dem Preselection-Anbieter bezahlen. Deshalb sei die Buchung einer Preselection an einem Telefonanschluss mit Telefon-Flatrate für den potentiellen Kunden wirtschaftlich unsinnig. Eine Nutzung beider Tarife an dem Telefonanschluss durch eventuelles Vorwählen einer Netzkennzahl sei rein theoretischer Natur, weil mangelnd praktikabel und aufwändig. Durchschnittliche Kunden, die vorwiegend in das Ausland oder in die Mobilfunknetze telefonieren, seien vielleicht an einer Preselection interessiert, jedoch durch die strittige Werbung nicht angesprochen.

Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg, Aktz.: 1 U 116/07 vom 22.05.2008

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