Urteil – Hinweis auf Preiserhöhung nur im Kundenportal ist nicht ausreichend

Urteil - Hinweis auf Preiserhöhung nur im Kundenportal ist nicht ausreichend

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied mit Urteil vom 19.10.2017 – Az.: 6 U 110/17, dass die Information über eine Preiserhöhung, die der Verbraucher erst dann zur Kenntnis nehmen kann, wenn er sich auf dem Online-Kundenportal des betreffenden Unternehmens anmeldet, unzulässig ist.

Der Fall der Preiserhöhung

Bei der Beklagten handelte es sich um ein Telekommunikations-Unternehmen. In den AGB war festgelegt, dass unter bestimmten Voraussetzungen Preiserhöhungen vorgenommen werden können. Weiterhin wurde bezüglich der Informationspflichten über Änderungen in den AGB geregelt, dass der Dienstanbieter dem Kunden jede Änderung in Textform mitteilen wird. Falls der Kunde nicht innerhalb von sechs Wochen seit dem Zugang der Änderungsmitteilung in Textform einzelnen oder allen Änderungen widerspricht, so gelten die mitgeteilten Änderungen als vom Kunden genehmigt.

Die Internetseite des Telekommunikations-Unternehmens verfügt über einen passwortgeschützten Kundenbereich für die Vertragsverwaltung und neue Informationen, in den sich die Kunden mit ihren Zugangsdaten einloggen können. Hier stellte die Beklagte die Information über eine beabsichtigte Preiserhöhung und das damit verbundene Widerspruchsrecht ein. An die Kunden wurde daraufhin eine Nachricht via E-Mail und SMS versandt, die mit der Überschrift „Aktuelle Informationen zu Ihrem (…) Tarif“ versehen war. Dieser war zu entnehmen, dass im Kundenbereich auf der Internetseite neue Informationen zum Tarif zur Verfügung stehen. Um diese Informationen direkt lesen zu können, enthielt die Nachricht einen Link zum Kundenportal. Somit konnten die Kunden nur von der Preiserhöhung Kenntnis erlangen, wenn sie sich im Kundenbereich einloggten.

Ein Verbraucherschutzverein sah in der Berechnung eines höheren Entgeltes auf der Basis dieses Vorgehens ein wettbewerbswidriges Verhalten und klagte im Mai 2015 beim Landgericht Hanau gegen das Unternehmen auf Unterlassung. Die Preiserhöhung entbehre jeder vertraglichen Grundlage. Nach Abweisung der Klage legte die Klägerin Berufung beim OLG Frankfurt am Main ein und hatte dort Erfolg.

Zur Urteilsbegründung des OLG in der Berufung

Nach Ansicht des OLG war das Vorgehen der Beklagten, das schon einen Verstoß gegen die eigens aufgestellten AGB bedeutete, keineswegs ausreichend, um eine wirksame Preiserhöhung durchzusetzen. In den AGB war schließlich ausführlich erklärt, dass jede Änderung der Geschäftsbeziehung in Textform zu erfolgen habe. Dies ist jedoch mit dem Versenden von E-Mails und SMS, die lediglich darauf aufmerksam machten, dass neue Informationen zum Tarif im persönlichen Kundenbereich abzurufen wären, inkl. Link zum Kunden-Log-in, nicht geschehen.

Das Gericht sah hierin nur einen allgemeinen Hinweis, der vieles bedeuten könnte, aber nicht explizit auf eine Preiserhöhung schließen lässt. Daher müsse der Kunde sich auch nicht zwangsläufig daraufhin auf dem Kundenportal einloggen. Zudem sei nicht sichergestellt, ob und wann der Kunde das Portal aufsucht. Eine Mitteilung in Textform muss jedoch so gestaltet sein, dass sie dem Empfänger innerhalb einer bestimmten Zeit zugehen kann. Das ist hier jedoch durch die Unsicherheitsrate nicht gegeben. Die erforderliche Mitteilung in Textform über die Preiserhöhung sei somit in keinerlei Hinsicht erfolgt. Anders wäre das gewesen, wenn bereits in der E-Mail oder SMS konkret auf die Preiserhöhung und das Widerspruchsrecht hingewiesen worden wäre.

Die so vorgenommene Entgelterhöhung für den Kunden wertete das Gericht als relevante Irreführung im Sinne von § 5 I UWG. Die Berechnung eines höheren Entgeltes ist rechtswidrig und unwirksam, wenn über die Preiserhöhung nicht ordnungsgemäß informiert wird. Es war im vorliegenden Fall nicht sichergestellt, dass der Kunde davon Kenntnis erlangen und somit der Preiserhöhung zustimmen oder widersprechen kann.

Weitere Informationen

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Die aktuellsten telespiegel Nachrichten
Risiko durch „EvilVideo“ – schwerwiegende Sicherheitslücke bei Telegram

Risiko durch „EvilVideo“

Schwerwiegende Sicherheitslücke bei Telegram

Wer die Telegram-App auf seinem Android-Gerät verwendet, muss aufpassen. Aktuell gibt es eine schwerwiegende Sicherheitslücke, die von Cyberkriminellen ausgenutzt wird. In der neusten Version wurde diese bereits geschlossen, weshalb User ihre Anwendung so schnell wie möglich aktualisieren sollten. […]

Das neue Xiaomi Mix Flip – Foldable stellt Samsung-Geräte in den Schatten

Das neue Xiaomi Mix Flip

Foldable stellt Samsung-Geräte in den Schatten

Xiaomi hat sein erstes faltbares Smartphone auf den Markt gebracht. Dank einiger spektakulärer Features ist das neue Xiaomi Mix Flip ein echter Konkurrent für die neuen faltbaren Modelle von Samsung. Wann das Xiaomi-Foldable hierzulande auf den Markt kommt, ist allerdings bisher nicht bekannt. […]

Globale Computerstörung – weltweite IT-Panne mit „historischem Ausmaß“

Globale Computerstörung

Weltweite IT-Panne mit „historischem Ausmaß“

Ein Fehler in einem Software-Update hat heute zu Chaos an Flughäfen, der Schließung von Supermärkten sowie massiven Problemen in Krankenhäusern geführt. Die heutige globale IT-Panne hat weltweite Auswirkungen, deren Ausmaß sich erst noch zeigen wird. Ein Cyberangriff wird ausgeschlossen. […]

Glasfaserausbau – Hamburg übernimmt Hälfte des Netzbetreibers willy.tel

Glasfaserausbau

Hamburg übernimmt Hälfte des Netzbetreibers willy.tel

Die Stadt Hamburg will den Ausbau des Glasfasernetzes schneller vorantreiben. Hierzu ist sie jetzt eine Kooperation mit dem privaten Netzbetreiber willy.tel eingegangen. Durch die Übernahme von 49,9 Prozent des Unternehmens sollen in den nächsten Jahren zahlreiche weitere Haushalte versorgt werden. […]

Zahlungsaufforderung per SMS – Urteil: Forderungen können zulässig sein

Zahlungsaufforderung per SMS

Urteil: Forderungen können zulässig sein

Nicht jede Zahlungsaufforderung per SMS ist Spam. Das OLG Hamm hat entschieden, dass Mahnungen per SMS zulässig sein können. Dies ist dann der Fall, wenn die Forderung berechtigt ist und die Nachricht tagsüber beim Empfänger eingeht. Geklagt hatte der vzbv gegen ein Inkassounternehmen. […]