BGH Urteil – Erben bekommen Zugriff auf Facebook-Account

Urteil - Erben bekommen Zugriff auf Facebook-Account

In einem Rechtsstreit zwischen Facebook und den Eltern einer verstorbenen Jugendlichen hatte das Kammergericht Berlin am 31. Mai 2017 in zweiter Instanz gegen die Erben entschieden. Diese hatten auf Übernahme des Facebook-Accounts ihrer Tochter geklagt. Das Gericht wies in seinem Urteil (Az.: 21 W 23/16) dieses Ansinnen zurück, da das Fernmeldegeheimnis dem entgegenstünde. In der nächsten Instanz hat nun der BGH für die Eltern entschieden, siehe im Upgrade unten.

Der Fall: Eltern möchten Selbstmord der Tochter aufklären

Die Eltern hatten auf Übernahme des Accounts geklagt, um den Nachrichtenverlauf mit ihrer Tochter mit Dritten zu prüfen. Dabei erhofften sie sich Erkenntnisse, die zur Aufklärung der Beweggründe für den Freitod ihres Kindes beitragen könnten. Dieser Hoffnung schob das Kammergericht einen Riegel vor. Dabei urteilten die Richter ausdrücklich nicht in der Frage, ob die Eltern als Rechtsnachfolger in den Vertrag mit Facebook eintreten könnten. Da die Nutzungsbedingungen eine solche Nachfolge nicht ausschließen, sei eine solche Fortführung des Vertrages in Form von passiven Leserechten denkbar.

Das Gericht sah jedoch ein Detail im Erbrecht als wichtig für die Entscheidung an. Demnach setze das Bürgerliche Gesetzbuch für eine Vererbung ein materiell verankertes Eigentum oder einen entsprechenden Wert voraus. Dies sahen die Richter als nicht gegeben und eine Abgrenzung zu virtuellen Dingen als schwierig an. Letztlich stünde jedoch insbesondere das Fernmeldegeheimnis dem Anliegen der Eltern entgegen.

Fernmeldegeheimnis für Nachrichten auf Facebook verhindert Erbe

Das im Grundgesetz verankerte sogenannte Briefgeheimnis stellt die Kommunikation zweier Menschen unter besonderen Schutz. Dieses Fernmeldegeheimnis betrifft laut Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 16.6.2009, 2 BvR 902/06) auch E-Mails und Chats, sofern diese auf dem Server eines Providers liegen. In einem solchen Fall hätten nach Auffassung des Kammergerichts die Account-Inhaberin sowie alle betroffenen Kommunikationspartner auf das Fernmeldegeheimnis explizit verzichten müssen. Dieser Verzicht wäre jedoch nicht nachweisbar. Das Kammergericht stellte in seinem Urteil damit abweichend zur ersten Instanz den Schutz der Kommunikationspartner über den möglichen Erbanspruch der Eltern. Daran ändere sich laut Gericht auch dann nichts, wenn andere Beweggründe wie die elterliche Fürsorgepflicht gegenüber der minderjährigen Verstorbenen als Begründung für eine Einsicht in den Nachrichtenverlauf angegeben werden.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Den Eltern steht zur endgültigen Klärung der Weg zum Bundesgerichtshof offen. Als Zwischenfazit ist allen Account-Inhabern zu empfehlen, eine gewünschte Erbnachfolge durch Weitergabe von Passwörtern zu sichern. Einschränkung: Erfährt Facebook von dem Tod eines Nutzers, stellt das Portal den Account automatisch auf eine Gedenkseite um. Eltern sollten ggf. zusätzlich mit ihren minderjährigen Kindern eine Vereinbarung über den Zugriff auf den Account treffen. Hier gilt es jedoch, zwischen Fürsorgepflicht und Persönlichkeitsrecht des Kindes abzuwägen.

Update 12.07.2018 – Entscheidung vom Bundesgerichtshof

Der BGH (Az. III ZR 183/17) hat in einer Grundsatzentscheidung zur Vererbbarkeit des digitalen Nachlasses für den Zugriff der Eltern auf den Facebook Account der verstorbenen Tochter getroffen.

Zitat: Für Wertentscheidungen im digitalen Kontext ist es richtig, zunächst einen Vergleich zur analogen Welt zu ziehen. Auch dort ist es dem Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB nicht verwehrt, etwa Tagebücher und Briefwechsel des Erblassers mit Dritten einzusehen.

Mehr Informationen

Ratgeber: digitaler Nachlass

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Die aktuellsten telespiegel Nachrichten
Nachhaltige Optionen – Google-Maps zeigt Alternativen zum Autofahren

Nachhaltige Optionen

Google-Maps zeigt Alternativen zum Autofahren

Der Tech-Riese Google will die Nutzer seiner Maps-App zur Nutzung von nachhaltigen Verkehrsmitteln animieren. Hierzu werden zahlreiche Änderungen im Routenplaner vorgenommen. Mit dem neuen Feature sollen leichter umweltbewusste Entscheidungen getroffen werden können. […]

Achtung, Betrug – so können KI-Fake-Anrufe enttarnt werden

Achtung, Betrug

So können KI-Fake-Anrufe enttarnt werden

Betrügerische Anrufe und Nachrichten sind aufgrund des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz immer schwieriger zu erkennen. Um sich dennoch vor den betrügerischen Absichten zu schützen, hilft eine Frage, die bei einem vermeintlichen Hilfeanruf gestellt werden kann. […]

Unzulässige Internet-Sportwetten – Spieler können Einsatz zurückfordern

Unzulässige Internet-Sportwetten

Spieler können Einsatz zurückfordern

Spieler können ihre im Internet verlorenen Wetteinsätze von ausländischen Anbietern zurückfordern. Nämlich dann, wenn der Anbieter der Online-Sportwetten zu diesem Zeitpunkt keine gültige Lizenz für Deutschland hatte. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden. […]